Belinda Bencic ist am US Open die beste Schweizer Aussicht auf einen Exploit. New York war für die Olympiasiegerin oft ein gutes Pflaster. Prognosen sind im Frauentennis aber fast unmöglich.
New York ist eine Stadt ganz nach dem Geschmack von Belinda Bencic. Nach der enttäuschenden Erstrunden-Niederlage vergangene Woche in Cincinnati hatte sie allerdings mehr Zeit, sich im Big Apple einzuleben als erhofft. In den sozialen Medien postete sie Bilder vom Treppentraining mit Donna Vekic in der Stadt, aber auch vom gemütlichen Ausgang und abendlichen Ausflügen mit Blick auf die beleuchtete Skyline.
Ab Montag gilt es aber wieder ernst, und hoch hinaus wie die Wolkenkratzer will auch Bencic. Zwar schwärmt die 25-jährige Ostschweizerin immer von Wimbledon, doch nirgends hatte sie mehr Erfolg als am US Open: 2014 erster Grand-Slam-Viertelfinal, 2019 erster Halbfinal und vor einem Jahr ein erneuter Viertelfinal. Bei keinem anderen Major-Turnier kam Bencic je über die Achtelfinals hinaus. Die Energie der «Stadt, die niemals schläft» wirkt für die Olympiasiegerin belebend.
Mit der 13 ins Glück?
Das letzte Jahr zeigte aber auch, wie nahe Erfolg und Enttäuschung beieinander liegen. Im Hoch des Olympiasieges verlor Bencic im Viertelfinal gegen Emma Raducanu, die in der Folge als erste Qualifikantin sensationell das US Open gewann – und das ohne Satzverlust. In den letzten vier Jahren gewannen unter anderen die Nummern 15 (Andreescu, Kenin), 23 (Rybakina), 33 (Krejcikova), 54 (Swiatek) und 150 (Raducanu) der Welt ein grosses Turnier. Da ist es logisch, dass Bencic als Nummer 13 zu den Titelkandidaten gehört.
Das Frauentennis ist so unvorhersehbar wie nie. Bencic gewann in diesem Jahr das Turnier in Charleston, stand in Berlin im Final und in Miami im Halbfinal, sie verlor aber auch in Wimbledon oder Cincinnati in der 1. Runde. Die Zeit für einen weiteren Exploit wäre definitiv reif, möglich ist im Prinzip alles oder auch nichts.
Die noch grössere Wundertüte ist Jil Teichmann (WTA 30). An guten Tagen kann die in Barcelona geborene Linkshänderin jede schlagen, an schlechten aber auch gegen fast jede verlieren. Am French Open erreichte die 25-jährige Seeländerin erstmals bei einem Grand Slam die Achtelfinals, seither gewann sie aber bei sechs Turnieren nur noch drei Matches.
Über die Qualifikation kam auch Viktorija Golubic (WTA 89) ins Hauptfeld. In fünf Anläufen hat sie dabei aber noch nie eine Partie gewonnen.
Wawrinka auf der Suche der alten Form
Bei den Männern fehlt wie zuletzt üblich Roger Federer. Der Zürcher Marc-Andrea Hüsler (ATP 102) steht nach seiner Qualifikation in Wimbledon zum zweiten Mal im Hauptfeld. Beim ATP-Turnier in Winston-Salem erreichte er diese Woche mindestens die Viertelfinals, die Form stimmt also. Stan Wawrinka (ATP 288), der von einem geschützten Ranking profitiert, tut sich hingegen schwer, nach seinen Fussoperationen zu alter Stärke zurückzufinden.
Dank Alexander Ritschard (ATP 185), der sich nach Wimbledon zum zweiten Mal in Folge bei einem Grand-Slam-Turnier durch die Qualifikation spielte, ist wenigstens ein Schweizer Trio im Einsatz.