Erster Major-Final Danielle Collins hat Höhen und Tiefen durchlebt

sda

27.1.2022 - 17:01

Danielle Collins ist aufgrund ihrer Jubelposen und lauten Schreie nicht überall beliebt.
Danielle Collins ist aufgrund ihrer Jubelposen und lauten Schreie nicht überall beliebt.
Bild: Keystone

Mit 28 Jahren ist Danielle Collins am Australian Open in Melbourne auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Die Amerikanerin hatte auf dem Weg in ihren ersten Major-Final viele Rückschläge zu verkraften.

Trotz des für eine Tennisspielerin fortgeschrittenen Alters ist Danielle Collins noch nicht allzu lange im Geschäft. Zwar feierte die Rechtshänderin aus Florida am US Open 2014 dank einer Wildcard ihr Debüt auf der Tour (und gewann dabei einen Satz gegen Simona Halep), doch Profi wurde sie erst zwei Jahre später – kurz vor ihrem 23. Geburtstag.

Zuvor war Collins eine erfolgreiche College-Spielerin gewesen, für die University of Virginia holte sie 2014 und 2016 den Titel. Im Frühling 2018 stiess sie erstmals in die Top 100 des Rankings vor, 2021 gewann sie ihren ersten Titel auf der WTA-Tour, nachdem sie zuvor bereits an einem 125er-Event triumphiert und auf der ITF-Tour Turniersiege gefeiert hatte. Nun stösst sie dank ihrem Finaleinzug erstmals in die Top Ten vor.

Dass Collins an der Weltspitze angekommen ist, überrascht angesichts ihrer Spielweise nicht. Die Amerikanerin vermag von der Grundlinie enormen Druck zu erzeugen. Iga Swiatek flogen im Halbfinal die Returns nur so um die Ohren, insgesamt sechs Mal musste die Polin ihren Aufschlag abgeben. Und Alizé Cornet, Collins' Gegnerin in den Viertelfinals, sagte: «Sie war noch stärker, als ich erwartet hatte. Sie nimmt den Ball unglaublich früh und liess mir keine Zeit zu atmen. Sie hat mich sehr beeindruckt.»

Jahrelange Schmerzen

Collins' Weg an die Spitze war ein steiniger. Der Melbourne Park symbolisiert wie kein anderer Ort die Höhen und Tiefen ihrer Karriere. 2019 schaffte sie am Australian Open den Durchbruch, als sie erstmals an einem Grand-Slam-Turnier weit vorstiess und erst in den Halbfinals an Petra Kvitova scheiterte. Vor einem Jahr krümmte sie sich während eines aufgrund der Coronavirus-Pandemie in Melbourne ausgetragenen Vorbereitungsturniers im Duell mit der Russin Daria Kassatkina vor Schmerzen auf dem Boden und konnte nur noch von unten servieren.

Collins sprach in diesen Tagen rückblickend von «den schlimmsten Schmerzen, die ich je hatte». Was sie damals noch nicht wusste: Sie litt an Endometriose, eine bei Frauen relativ häufige Erkrankung, bei der Gewebe der Gebärmutterschleimhaut sich auch an anderen Stellen des Körpers ansetzt. «Viele sagten mir im Laufe der Jahre, dass Schmerzen rund um die Periode und die regelmässige Einnahme von entzündungshemmenden Mitteln normal seien», sagte Collins. «Ich hatte das Gefühl, dass ich mich einfach damit abfinden müsste.» Erst eine Operation im letzten Frühjahr brachte Linderung.

Ihre Geschichte und auch die Offenheit, mit der Collins über ihre Krankheit spricht, brachten ihr einige Sympathien ein. Zuvor war die 28-Jährige, bei der früher bereits eine rheumatoide Arthritis festgestellt worden war, eine Autoimmunerkrankung, die schmerzhafte Schwellungen in den Gelenken verursacht, nicht besonders beliebt auf der Tour. Ihr zur Schau gestellter Ehrgeiz und die übertriebenen Jubelgesten sowie Schreie nach gewonnenen Punkten – auch nach Netzrollern oder Fehlern der Gegnerin – kamen bei Fans und Konkurrentinnen nicht gut an.

Nun gegen die Lokalmatadorin

Auch am Samstag im Final gegen Ashleigh Barty werden Collins die Herzen der Fans nicht zufliegen, denn ganz Australien hofft auf den ersten Sieg einer Einheimischen in Melbourne seit 1978 und Christine O'Neil. Collins ist die klare Aussenseiterin im Duell mit der Nummer 1, jedoch nicht chancenlos. «In den vergangenen Jahren haben so viele Frauen, von denen man es nicht erwartet hätte, Grand Slams gewonnen, das gibt allen Spielerinnen Hoffnung», so Collins.

Egal, wie die Partie ausgehen wird, den grössten Erfolg ihrer Karriere hat sie bereits neben dem Platz gefeiert. «Denn jetzt bin ich in der Lage, mein bestes Leben zu leben und mich wie ein normaler Mensch fühlen.»

sda