In Schanghai ist Daniil Medvedev zum wiederholten Mal nicht zu bezwingen und beweist seine Rolle als erster Herausforderer der «Big Three». Wird er gar zum grossen Spielverderber für Nadal und Djokovic?
Ohne einen Satzverlust marschiert Daniil Medvedev in der vergangenen Woche in beeindruckender Manier zu seinem siebten ATP-Titel. In Schanghai lässt er sich weder von Fabio Fognini noch von Stefanos Tsitsipas aufhalten und erteilt im Final Federer-Bezwinger Zverev eine Tennislektion. Es ist der nächste Höhepunkt für den Russen, der bislang eine überragende zweite Saisonhälfte abliefert.
Seit Anfang Juli und der frühen Niederlage in Wimbledon verliert Medvedev in 28 Einsätzen nur drei Partien. Im Endspiel von Washington bleibt er an Nick Kyrgios hängen, in Montreal und wenig später in New York, wo er seinen ersten Grand-Slam-Titel haarscharf verpasst, muss er Rafael Nadal den Vortritt gewähren.
3 Titel innert 2 Monaten
Die restlichen 25 Matches gewinnt der 23-Jährige allesamt und heimst in Cincinnati, St. Petersburg und eben Schanghai innert zwei Monaten drei Trophäen ein. Eine Bilanz, wie sie ein Roger Federer zu seinen besten Zeiten vorzuweisen hatte. Bleibt Medvedev verletzungsfrei, dürfte der erste Triumph an einem Major nur eine Frage der Zeit sein. Vor allem die Konstanz, die die Weltnummer vier seit einigen Wochen an den Tag legt, beweist das riesige Potential. Wird der Russe womöglich gar zum Spielverderber für Novak Djokovic und Rafael Nadal?
Die beiden Führenden der Weltrangliste rücken Roger Federer in Sachen Grand-Slam-Titel zuletzt auf die Pelle. Dem Spanier (19) fehlt mittlerweile nur noch ein Titel zur Egalisation von Federers Rekord, Djokovic (16) braucht noch deren vier. Seit den Australian Open 2018, als Roger Federer seinen 20. Grand-Slam-Titel ergattert, heisst der Sieger an einem Major entweder Djokovic oder Nadal. Jetzt scheint sich ein neuer Herausforderer daran zu machen, diese Serie zu brechen – und möglicherweise die Wachablösung zu lancieren.
Initialzündung an den Australian Open?
Sollte Medvedev der endgültige Durchbruch bereits im Januar an den Australian Open gelingen, kann das die Initialzündung zu weiteren grossen Taten sein. Einerseits für Medvedev selbst, andererseits auch für seine Weggefährten wie Tsitsipas, Berrettini oder Zverev, die in Schanghai die Halbfinals komplettieren und sich dafür ein Lob von Federer verdienen: «Grossartiger Effort diese Woche, Leute. Fantastisches Tennis», schreibt der Schweizer auf Twitter.
Noch hat Federer den Rekord der meisten Grand-Slam-Titel inne. Dank Medvedev schöpfen seine Anhänger nun neue Hoffnung, dass dieser doch noch etwas länger Bestand hält als zuletzt befürchtet – vor allem mit Blick auf den bevorstehenden Rücktritt des 20-fachen Grand-Slam-Champions. Das angedachte Szenario: Medvedev gewinnt die Australian Open, Thiem schlägt Nadal im Endspiel der French Open und Federer triumphiert in Wimbledon. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.