ATP Gstaad «Das Swiss Open ist kerngesund»

sda

22.7.2023 - 23:18

Das Swiss Tennis Open festigt derzeit seinen Platz unter den Top-Sportanlässen in der Schweiz. Das Gstaader Tennisturnier ist kerngesund. Das sagt Jeff Collet, der Turnierdirektor.

Der 55-jährige Jean-François Collet, kurz Jeff Collet, ist ein Tausendsassa. Turnierdirektor in Gstaad und Lausanne, ausserdem Besitzer von Xamax Neuchâtel. Vor vier Jahren fehlte nicht viel, und Collet wäre sogar Präsident des Schweizer Fussballverbandes geworden.

Von all seinen Beschäftigungen macht ihm derzeit das Swiss Open Gstaad am meisten Freude – obwohl er vor dem Turnier so viele Absagen von Schlüsselspielern wie noch nie erhalten hat. «Aber primär sind wir glücklich, dass wir die Woche unmittelbar nach Wimbledon zurückhaben», sagt Collet. «Das sollte uns in Zukunft helfen.»

Für die Austragung 2023 erwies sich der Terminwechsel kurzfristig als Nachteil. Collet: «Wenn sich (Félix) Auger-Aliassime und (Denis) Shapovalov oder auch Jiri Lehecka nicht verletzt hätten, wäre die Besetzung gut gewesen – obwohl wir auf Schlüsselspieler verzichten mussten. Casper Ruud wollte unbedingt wieder in Gstaad spielen. Aber wir wechselten den Termin – und Ruud, wie übrigens auch Lorenzo Musetti, hatten sich schon für Bastad verpflichtet.»

Zuschauer-Boom

Was erstaunt: Das Spielerfeld – mit bloss einem Top-40-Spieler heuer so schlecht wie noch nie in der über 100-jährigen Turniergeschichte – wirkt sich kaum auf die Zuschauerzahlen aus. «Wir setzten schon im Vorverkauf für das Turnier gleich viele Tickets ab wie im Vorjahr mit einer Top-Besetzung während des gesamten Turniers.»

Deshalb dürfen die Organisatoren mit Recht behaupten, dass das Turnier überaus gesund ist. Collet: «Wir verfügen über eine Kriegskasse, mit der wir künftig wieder starke Spieler verpflichten können.»

Tausendsassa

Wenn Collet das sagt, darf man das auch erwarten. Collet ist einer, der wenig verspricht und viel hält. Im Jahr 2000 gründete er in Renens mit einem Schwager von Ernesto Bertarelli die «Grand Chelem Management SA», eine Agentur für Sportmarketing und Events. Er baute auch dank Alinghi und dem America's Cup die Agentur zu einem florierenden Betrieb auf und verkaufte sie 15 Jahre später an einen Wegbegleiter. Im Fussball präsidierte er von 2007 bis 2013 den FC Lausanne-Sport, baute Schulden von einer Million Franken ab und führte den Traditionsverein zurück in die Super League.

Auch in Gstaad, wo er seit über 20 Jahren mit am Steuer ist und heuer als Turnierdirektor (seit 18 Jahren) «volljährig» wird, schreibt Collet eine Erfolgs-Story. Aller Anfang erwies sich als schwer, «aber das war doch völlig normal», so Collet im Rückblick. Die Romands von der welschen Agentur, die nicht gut deutsch sprachen, wurden in Gstaad, wo das ganze Dorf sich kennt, mit Skepsis empfangen.

Geld regiert die Welt

Collet: «Aber man muss auch sehen: Wir haben niemandem etwas weggenommen. Wir haben gegen niemanden gekämpft. Es gab 2006 niemanden ausser uns, der das Swiss Open hätte retten wollen, nachdem das Turnier in den drei Jahren zuvor vier Millionen Verlust eingefahren hatte. Mittlerweile kennen wir alle, und die Leute kennen uns. Wir sind nunmehr in der Gemeinde Saanen (zu der Gstaad gehört) sehr gut vernetzt.»

Welche Visionen schweben Collet für die künftigen Austragungen vor? «Unsere Stärke ist die Stabilität, die Tradition. Aber die Leute dürfen nicht erwarten, dass jetzt, da wir den Termin nach Wimbledon zurückhaben, alles wird wie früher. Wenn ich nach achtzehn Jahren als Turnierdirektor etwas weiss, dann das, dass Geld die Welt regiert. Es ist nicht so, dass die Spieler wegen der coolen Berge, den vorzüglichen Hotels und der wunderbaren Natur nach Gstaad kommen. Diese Spieler gibt es zwar auch, aber es sind nicht viele. Für die Stars entscheidet die Höhe des Preisgelds und die Antrittsgage.»

sda