«Ihr seid alle korrupt» Denis Shapovalov platzt gegen Nadal der Kragen

Von Luca Betschart

25.1.2022

Denis Shapovalov und Rafael Nadal bei ihrem Wortwechsel am Netz.
Denis Shapovalov und Rafael Nadal bei ihrem Wortwechsel am Netz.
Bild: Keystone

Nach einer Achterbahnfahrt der Gefühle scheitert Denis Shapovalov im Viertelfinal der Australian Open an Rafael Nadal. Die Nerven des Kanadiers werden bereits früh in der Partie arg strapaziert.

Von Luca Betschart


Bereits zu Beginn des zweiten Durchgangs nach dem klar verlorenen Startsatz lässt sich Shapovalov aus der Ruhe bringen. Auslöser dafür ist die nicht ganz untypische Eigenschaft seines Kontrahenten, sich zwischen Ballwechseln und bei Seitenwechsel jeweils sehr viel Zeit zu lassen.


Während Shapovalov den zweiten Satz mit seinem Aufschlag längst eröffnen will, ist Nadal noch mit sich selbst und seinen zahlreichen Ritualen beschäftigt und auch bei Ablauf der sogenannten Shot Clock nicht für den Return bereit.

Shapovalov verlangt erfolglos eine Verwarnung

Das gefällt dem Herausforderer ganz und gar nicht. Insbesondere, weil die Verspätung für Rafa keine Konsequenzen mit sich bringt. «Du hast die Uhr vor 45 Sekunden gestartet und er ist immer noch nicht bereit zu spielen. Du musst ihn verwarnen», fordert Shapovalov deshalb von Schiedsrichter Carlos Bernardes.

Davon will Bernardes aber nichts wissen und entgegnet: «Wenn ich ihn jetzt verwarne, bist du gerade auch nicht bereit zu spielen, weil du kommst und mit mir sprichst.» Shapovalov sieht sich daraufhin im falschen Film. «Willst du mich veralbern?», fragt er den Unparteiischen fassungslos und fügt wütend an: «Ihr seid alle korrupt!»

Becker: «Nadal hat sich das erarbeitet»

Auch Minuten später und nach einem weiteren Seitenwechsel hat sich der 22-Jährige noch nicht eingekriegt und beginnt erneut zu diskutieren. Solange, bis Nadal offenbar genug hat und seinen Gegner am Netz selbst zur Rede stellt. Nach einem kurzen Wortwechsel wird dann wieder Tennis gespielt – mit dem besseren Ende für Nadal, der die Partie nach mehr als vier Stunden mit seinem ersten Matchball beendet.

Die happigen Vorwürfe des Kanadiers an den Unparteiischen dürften allerdings auch im Nachgang der Partie für Zündstoff sorgen. «Wenn sich der Schiedsrichter strikt an die Regeln hält, hat Shapovalov recht. Der Aufschläger entscheidet, wie schnell man spielt. Nadal war nicht bereit, zu retournieren», sagt beispielsweise Eurosport-Experte Boris Becker, bevor er anfügt: «Aber Nadal – vielleicht auch Federer oder Djokovic – haben sich diese besonderen Status erarbeitet.»

Shapovalov fordert klare Regeln

Das sieht Shapovalov auch mit etwas Abstand komplett anders. «Ich habe mich falsch ausgedrückt, als ich sagte, er sei korrupt», gibt der Kanadier an der Pressekonferenz zu Protokoll. Aber: «Ich finde es unfair, wie viel Rafa sich erlauben kann.»

Dazu zählt er auch, dass Nadal nach dem verlorenen vierten Satz relativ lange in den Katakomben verschwindet. «Er hatte bereits zwei medizinische Untersuchungen hinter sich. Und nach der Behandlung geht der Mann auf die Toilette», schildert Shapovalov und merkt an, dass ihm genau das vor einem Jahr in Melbourne nicht erlaubt wurde.

«Es muss Grenzen geben, es müssen Regeln aufgestellt werden», fordert Shapovalov und macht klar: «Es ist einfach so frustrierend. Man hat das Gefühl, dass man nicht nur gegen den Spieler spielt, sondern auch gegen die Schiedsrichter, gegen so viel mehr.»