Australian Open Djokovic: «Der Tennisplatz ist ein Ort, wo ich nackt bin»

SDA

28.1.2019 - 00:09

Nach seinem souveränen Dreisatzsieg gegen Rafael Nadal, der ihm den 15. Titel bei einem Grand-Slam-Turnier brachte, spricht Novak Djokovic über seine Gefühle und seine nächsten Ziele.



Mats Wilander bezeichnete Ihre Leistung als «absolute Perfektion». Wie bewerten Sie diese?

Ganz weit oben. Unter diesen Umständen, in einem so wichtigen Match gegen diesen Gegner, ist es erstaunlich. Ich machte in zwei aufeinanderfolgenden Spielen, im Halbfinal und im Final, zusammen 15 unerzwungene Fehler. Das ist eine schöne Überraschung für mich, obwohl ich mir immer visualisiere, so zu spielen. Unter diesen Umständen war es wirklich ein perfektes Spiel.

Sie haben mit dem 15. Grand-Slam-Titel Pete Sampras überholt. Was bedeutet es Ihnen, Ihr Jugendidol überholt zu haben?

Er ist definitiv einer, zu dem ich aufgeschaut habe. Eines meiner frühesten Bilder vom Tennis ist, wie Sampras 1993 erstmals in Wimbledon gewann. Ich war ein kleiner Junge in Kopaonik, diesem Bergresort im Süden Serbiens. Ich hatte keinerlei Tennis-Tradition in meiner Familie. Es hat sicher etwas Schicksalhaftes, dass ich mir das Ziel setzte, so gut zu werden wie Pete. Dass ich ihn jetzt an Grand-Slam-Titeln übertroffen habe, macht mich sprachlos.

Sie haben die letzten drei Grand-Slam-Turnier gewonnen und manche denken, Sie könnten die 20 Titel von Federer erreichen. Was meinen Sie?

Ich bin mir bewusst, dass es etwas wirklich Spezielles ist, in dem Sport, den ich liebe, Geschichte zu schreiben. Natürlich ist das eine Motivation. Ich will mich darauf fokussieren, mein Spiel zu verbessern und meine mentale, physische und emotionale Gesundheit zu bewahren, um eine Chance zu haben, näher an Rogers Rekord heranzukommen. Aber das ist noch ein weiter Weg.



Wenn Ihnen vor einem Jahr jemand gesagt hätte, Sie würden jetzt mit drei Grand-Slam-Titeln in Folge hier sitzen, was hätten Sie gesagt?

Nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich. Ich will nicht arrogant klingen, aber ich glaube immer an mich. Das ist vielleicht mein grösstes Erfolgsgeheimnis. Ich wusste nicht, wie die Operation mein Spiel verändern würde. Der ganze Prozess war sehr speziell, eine lehrreiche Erfahrung. Ich würde nichts daran ändern wollen. Aber ja, vor zwölf Monaten war es sehr unwahrscheinlich, dass ich jetzt hier sein würde. Ich muss mir das immer bewusst sein und verstehen, dass das ein Segen ist.

Sind Sie im Lauf ihrer Karriere hungriger geworden?

Ich war immer hungrig nach Erfolg. Sonst würde ich nicht auf diesem Niveau spielen. Es geht aber nicht nur um Erfolg, Tennis ist eine Lebensschule. Der Tennisplatz ist ein Ort, wo ich nackt bin, wo ich allen Extremen meines Charakters und meiner Emotionen ausgesetzt bin. Das ist der Ort, wo ich am meisten über mich selber lernen kann.

Halten Sie nun den Kalender-Grand-Slam für möglich?

Wir werden sehen. Es ist ja gerade erst der Anfang der Saison. Ich muss sicher an meinem Sandplatz-Spiel noch mehr arbeiten. Ich muss besser spielen als letzte Saison. Die ultimative Herausforderung in Paris ist es, gegen Nadal zu gewinnen. Dann gibt es auch noch Zverev und Thiem, und Roger (Federer) wird wohl wieder spielen. Es gibt eine Menge grossartiger Spieler, die mich oder auch andere auf Sand herausfordern können.



Sie scheinen das Rätsel Nadal taktisch gelöst zu haben. Was braucht es dazu?

Ich will nicht sagen, ich hätte das Rätsel Nadal gelöst, das könnte sich später rächen. Ich mag die Lösung für dieses Spiel gefunden haben, aber nicht für das ganze Leben. Wir werden noch viele grosse Matches auf verschiedenen Belägen haben. Ich freue mich darauf. Die Rivalität mit ihm ist die bedeutendste für mich, die mich persönlich und professionell in meinem Leben am meisten geprägt hat. Wir werden beide versuchen, uns bis zum nächsten Mal zu verbessern.

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