Zwangspause Ein Rückschlag für Federer – und der Anlauf für den letzten Angriff?

Luca Betschart

10.6.2020

Wegen anhaltender Knieprobleme verkündet Roger Federer am Mittwoch sein vorzeitiges Saisonende. Sein Statement macht aber Mut für eine erfolgreiche Rückkehr im neuen Jahr.

Am Sonntag deutet Severin Lüthi im Gespräch mit «SRF» bereits an, dass der Verheilungsprozess von Roger Federers operiertem Knie nicht wie gewünscht verläuft. Am Mittwoch sorgt der Maestro dann selbst für Klarheit. »Vor einigen Wochen musste ich, nachdem ich einen weiteren Rückschlag während meiner ersten Rehabilitation erlitten hatte, einen zusätzlichen arthroskopischen Eingriff am rechten Knie vornehmen lassen», schreibt er auf Twitter.

Nach seiner zweiten Operation innert vier Monaten beendet Federer die ohnehin unterbrochene Saison vorzeitig. Von einem möglichen Karriereende will der Baselbieter, der im August seinen 39. Geburtstag feiern wird,  aber nichts wissen.



Unmissverständlich kündigt er an, zu Beginn der neuen Saison auf die ATP-Tour zurückzukehren. Bis dahin wolle er sich und seinem Körper genügend Zeit zur Genesung geben – genau wie bei seiner letzten langen Zwangspause im Jahr 2016. «Ähnlich wie vor der Saison 2017 plane ich, mir jetzt die nötige Zeit zu nehmen, um auf höchstem Niveau zu 100 Prozent bereit zu sein», erinnert sich Federer in seinem Statement selbst.

Wie lange macht Federers Körper noch mit?

Damals musste der 20-fache Grand-Slam-Sieger nach Wimbledon für ein halbes Jahr pausieren und rutschte in der Weltrangliste auf Position 17 ab, bevor er ein traumhaftes Comeback hinlegte. Sensationell gewann Federer bei seiner Rückkehr direkt die Australian Open, kurz darauf gelang ihm das «Sunshine Double» dank Turniersiegen in Indian Wells und Miami. Im Juli war er auch in Wimbledon nicht zu bezwingen und sicherte sich seinen 19. Major-Titel. Ob ihm vier Jahre später ein ähnliches Kunststück noch einmal gelingt?

Trotz Parallelen lassen sich die beiden Situationen nur schwer miteinander vergleichen – allein schon aufgrund des Zeitfaktors. Dass Federers Körper den Belastungen auch im Alter von 39 Jahren standhält, ist nicht selbstverständlich. Zumal dem Baselbieter in den letzten zwei Jahren des Öfteren physische Beschwerden zu schaffen machen.

Im Sommer 2018 plagt er sich monatelang mit einer Handverletzung herum, im selben Jahr bei den US Open macht ihm dann die Hitze zu schaffen. Ein Jahr später wird Federer in Flushing Meadows von Rückenproblemen gestoppt und im vergangenen Januar machen ihm Adduktoren-Probleme einen Strich durch die Rechnung.

Der perfekte Zeitpunkt für eine lange Pause

Genau deshalb erscheint es sinnvoll, dem Körper eine lange Pause zu gönnen. Der Zeitpunkt könnte jedenfalls nicht besser sein. Aufgrund der Corona-Pandemie ruht die ATP-Tour bis mindestens Anfang August. Ob die Turniere danach aber wie geplant stattfinden können, ist zu bezweifeln.

Das bedeutet: Federer wird seine Spitzenposition im Ranking behalten und mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht aus den Top Ten fallen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass seine Konkurrenten im Januar wegen der fehlenden Spielpraxis ebenfalls noch nicht im Rhythmus sind. So gesehen ist Federers Ausgangslage vor den Australian Open 2021 womöglich besser als jene 2017, als er «nur» als Weltnummer 17 antrat.

Natürlich ist das vorzeitige Saisonende für den Maestro ein Rückschlag, denn die Uhr tickt unerbittlich. Gleichzeitig steckt hinter der Entscheidung einmal mehr viel Kalkül – als würde Federer für den letzten grossen Angriff noch einmal genügend Anlauf nehmen.

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