Pro und Contra Hat der Laver Cup wirklich eine Zukunft?

Luca Betschart

24.9.2018

Gemeinsamer Jubel: Federer, Goffin und Dimitrov freuen sich im Team.
Gemeinsamer Jubel: Federer, Goffin und Dimitrov freuen sich im Team.
Bild: Getty Images

Der Laver Cup sorgt bei Spielern und Zuschauern in Chicago auch nach seiner zweiten Austragung für Begeisterung. Bei aller Euphorie warten in Zukunft allerdings auch Herausforderungen, die dem erfrischenden Anlass zum Verhängnis werden könnten.

Der Deutsche Alexander Zverev sorgt mit seinem Sieg gegen Kevin Anderson als jüngstes Teammitglied für den entscheidenden Punkt und den Sieg für Team Europa, womit er gleichzeitig das erst zweite «Laver Cup-Wochenende» beendete. Dann folgen Szenen, die wohl mitverantwortlich dafür sind, dass das neue Format in- und ausserhalb der Tenniswelt so viel Zuspruch bei den Fans findet: Nach Andersons letztem Fehler legt sich Zverev, Beine und Arme von sich gestreckt, flach auf den Boden, bevor er wie ein Torschütze im Fussball unter seinen populären Teamkameraden Federer, Djokovic und Co. begraben wird.

Doch wie bei so manchem Event gibt es die Befürworter und die Gegner. Wird sich der von Roger Federer ins Leben gerufene Laver Cup auch langfristig im Tennis etablieren? Wir zeigen auf, was für bzw. gegen den neuen Anlass spricht.

Drei Gründe für den Laver Cup

1. Nur der Sieg zählt

Das erste Argument betrifft den Ehrgeiz und die Einsatzbereitschaft der teilnehmenden Spieler. Im Gegensatz zu anderen «Exhibitions» scheint im Laver Cup jeder eingesetzte Akteur mit vollem Einsatz und Siegeswillen ans Werk zu gehen. Grund dafür dürfte die Möglichkeit sein, sich im Kreis der Besten messen und auch präsentieren zu können. Auch Tennis-Spieler brauchen Sponsoren. Ausserdem ist es wohl für jeden Tennisprofi Ehrensache, ein Aufgebot in eine Europa- oder Welt-Auswahl mit einer entsprechenden Leistung zu rechtfertigen.

2. Grosse Emotionen

Bisher galt der Davis Cup als Wettbewerb mit den grössten Emotionen in dieser Sportart. Wenn man allerdings beobachtet, wie sich «Zuschauer» Grigor Dimitrov während eines Ballwechsel vor Nervosität auf den Boden legt, oder Doppelpartner Djokovic nach gewonnenem Satzball Kollege Federer anspringt, übertrifft dies wohl auch alle Emotionen im Davis Cup. Laver Cup ist, wenn ein Roger Federer auf dem Platz mit dem Zeigfinger signalisiert, dass er hier der Chef ist.  

Ausserdem entsteht eine Art Ersatzbank der beiden Teams, auf welcher während den Partien mögliche Jubelszenarien ausgedacht werden, wie es ebenfalls eher aus dem Fussball bekannt ist. So geschehen auch im Team Europa während dem vorentscheidenen Spiel zwischen Federer und Isner. Nach verwandeltem Matchball geht die gesamte Mannschaft zu Boden und bejubelt den Federer-Sieg mit Liegestützen. 

3. Ausserordentliche Einblicke

Am Laver Cup gewähren die Akteure ausserdem auch immer wieder Einblicke hinter die Kulissen. Auf einer installierten Kamera in der Garderobe können Szenen mitverfolgt werden, die normalerweise niemand sieht. Es macht Spass, Zverev während den Vorbereitungen auf sein Spiel zuzusehen, während dieser mit der Rolle des Zuschauers beim Federer-Spiel überhaupt nicht klar kommt und offensichtlich nicht mehr hinsehen mag.

Und Maestro Roger Federer ist nicht nur als Spieler und Botschafter, sondern auch als Trainer aktiv. Eine Reihe an Ratschlägen hatte er gestern nach dem ersten Satz für Youngster Alexander Zverev und siehe da, dem Deutschen gelang die Wende tatsächlich. Die Sprache spielt dabei übrigens eine untergeordnete Rolle: ob französisch mit Goffin und Chardy, englisch mit Edmund und Nole oder deutsch mit Zverev – Federer weiss, was zu tun ist.


Trotzdem dürfte es interessant zu beobachten sein, ob sich der Laver Cup in Zukunft im jährlichen Tennis-Kalender etablieren kann. Folgende Gründe sprechen dagegen:

Drei Gründe gegen den Laver Cup

1. Eine Show ohne sportlichen Wert

Kritiker befürchten, dass womöglich falsche Anreize die Sportler für den Laver Cup begeistern. Dass es neben dem hohen Preisgeld bereits eine Antrittsgage für die Spieler gibt, wird oft kritisch beäugt. Die Skepsis ist verständlich, wenn Spieler «richtige» Turniere oder den Davis Cup vernachlässigen, um am Laver Cup teilzunehmen. Ein Beispiel dafür lieferte letztes Jahr Zverev, als er für Deutschland nicht Davis Cup spielte, um eine Woche danach mit Federer und Co. in Prag den Laver Cup zu gewinnen.

2. Reform des Davis Cup

Topspieler beklagten in den letzten Jahren immer wieder den zu dichten Jahreskalender der ATP-Tour und verlangten aus diesem Grund beispielsweise eine Revolution des traditionsreichen Davis Cup, um der Problematik entgegenzuwirken. Die ATP nahm diese Kritik wahr und krempelt den Davis Cup auf nächstes Jahr komplett um. Allerdings war es nicht die Absicht, die Spieler dadurch für den Laver Cup zu entlasten. Denn auch wenn Federer betont, dass so ein Wochenende unglaublich Spass macht: Kraft und Energie kostet das ganze mit Sicherheit. Ausserdem drohen mit dem «neuen» Davis Cup in Zukunft auch terminliche Konflikte.

3. Das Ende der goldenen Ära

Aktuell bietet der Laver Cup die Chance auf absolute Traumkonstellationen in Doppel- oder Einzelpartien und attraktivere Angebote als Federer, Djokovic und Nadal zusammen spielen zu sehen, wird es in dieser Sportart wohl nicht mehr so schnell geben. Wie sich der Laver Cup nach dem Ende dieser goldenen Ära hält, wird sich zeigen. Dass er dabei an Attraktivität gewinnt, ist schwer vorstellbar.

Fraglich ist beispielweise auch, ob Europa dann noch mit dem Rest der Welt mithalten kann. Ideen für eine alternative Einteilung der beiden Teams sind jedenfalls vorhanden...

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