Swiss Indoors «Die Musik, die Familie, die Fans» – Federer erklärt seine Tränen

Chris Geiger, Basel

28.10.2019

Roger Federer macht auch mit Finalgegner Alex de Minaur kurzen Prozess und holt sich seinen zehnten Turniersieg in Basel. Der 38-Jährige spricht im Anschluss über seine nächsten Projekte und Ziele.

Roger Federer, wie fühlen Sie sich nach diesem zehnten Titel bei den Swiss Indoors?

Es ist unglaublich, das gleiche Turnier zehn Mal zu gewinnen, vor allem hier in Basel. Ich könnte nicht glücklicher sein. Die Fans haben mich wieder einmal unglaublich unterstützt, wie sie es auch schon in den letzten Jahren so oft getan haben. Ich konnte bis zum Ende des Turniers grossartiges Tennis spielen, besonders im Finale.

Was hat sich zwischen Ihrer ersten gewonnenen Trophäe als Junior und dem zehnten Titel geändert? Sind die Gefühle immer noch die gleichen?

Als ich ein Kind war, wollte ich nur eines Tages der Champion bei den Profis werden. Aber du glaubst natürlich nicht wirklich daran, dass du es schaffen kannst. Damals gratulierte mir nur meine Familie. Der Moment wurde schliesslich mit einem Foto verewigt. Jetzt singt das Publikum meinen Namen in einem vollen Stadion, gibt mir Mut und begeistert sich für mein Tennis. All das gibt mir unglaubliche Gefühle. Die Dinge haben sich also deutlich verändert, die zurückgelegte Strecke in meinem Tennisleben war ziemlich verrückt. Also versuche ich, diese Erfolge so gut ich kann zu schätzen.

Sie haben bei der Siegerehrung geweint. Was hat bei Ihnen so viele Emotionen ausgelöst?

Vielleicht all die Dinge, die ich in dieser Woche passiert sind. Aber vor allem würde ich sagen, dass mich meine Familie, meine Kinder und mein Team sehr berührt haben. Es gab auch die Musik, Balljungen, Fans ... Dieses Turnier ist wirklich besonders für mich, und der Finaltag war auch besonders.

Sie haben die Swiss Indoors zum ersten Mal ohne Satzverlust gewonnen. Wie wichtig sind Ihnen solche Statistiken?

Es hat Zeit gebraucht, aber ich habe es geschafft! Deshalb spiele ich weiter (lacht). Die verletzungsbedingte Aufgabe von Stan hat wohl auch geholfen. Wir wissen nicht, was passiert wäre. Aber ich fühlte mich die ganze Woche über sehr stark. Ich war in der Lage, stets ein sehr hohes Spielniveau zu halten. Ich weiss nicht, ob es meine beste Woche hier in Basel war, aber es könnte gut möglich sein. Ich habe am Finaltag nie wirklich am Sieg gezweifelt.



Was gab gegen Alex de Minaur den Ausschlag?

Wenn du gegen jemanden spielst, gegen den du noch nie zuvor gespielt hast, wirst du Dinge versuchen. Im Laufe des Spiels wirst du mehr darüber erfahren, was gegen diesen Gegner taktisch funktioniert und was nicht. Der Slice war eine gute Waffe. Wenn ich ‹slicte›, spielte ich den nächsten Schlag umso aggressiver. Es war interessant zu sehen, wie er auf diesem schnellen Court reagieren würde. Es hat mir zweifellos erlaubt, heute (Anm. d. Red.: am Sonntag) zu gewinnen.

Werden Sie nach diesem Triumph in Paris-Bercy antreten?

Ich habe am Montag ein Treffen mit meinem Team, um die nächsten Wochen sowie die nächste Saison zu planen. Also werde ich erst am Montag wissen, ob ich in Paris-Bercy antreten werde oder nicht. Vor allem geht es darum, bei den ATP Finals bei hundert Prozent zu sein. Es ist bei der Planung wichtig, wann die Form-Höhepunkte sein sollen, wann man Punkte sammelt und wann man pausiert. Persönlich muss ich nicht unbedingt viel spielen, um gut spielen zu können. Ich kann sogar besser spielen, wenn ich volle Energie habe und entspannt bin.

Gibt Ihnen diese Woche zusätzliche Zuversicht für die ATP Finals?

Siege sind mit Vertrauen verbunden, was im Sport sehr wichtig ist. So fühle ich mich nach diesem Titel sehr gut. Ich würde auch sagen, dass es mir auch etwas gebracht hat, das Halbfinale gegen Tsitsipas und das Finale gegen einen Gegner zu beenden, den ich nicht allzu gut kannte. Ich konnte sie in wichtigen Momenten dominieren. Ich wusste sogar, wie ich mein Spielniveau erhöhen konnte. Das ist etwas, was mich glücklich macht.

Ist Ihre Motivation auf einen Triumph in Paris nach Basel noch grösser?

Der Sieg bei den ATP Finals muss meine Priorität sein. Ich habe dieses Jahr bei den Grand Slams gut gespielt, vor allem in wichtigen Momenten. Leider ist es nicht ganz aufgegangen. In den letzten beiden Saisons habe ich noch Majors gewonnen. Die ATP Finals waren bereits früher wichtig, aber es könnte in diesem Jahr noch wichtiger sein, denn ich weiss, dass mein Spielniveau und mein Selbstvertrauen vorhanden sind. Ich hätte in den letzten sechs Monaten nicht besser trainieren können. All das gibt mir ein gutes Gefühl für den Rest der Saison und im Hinblick auf Australien.

Sie haben jetzt 103 Titel und liegen nur noch sechs Turniersiege hinter Rekordhalter Jimmy Connors. Ist das ein Ziel?

Ich werde nicht planen, diesen Rekord zu jagen und spiele nicht deshalb noch weiter. Die Idee ist wirklich, dass meine Kinder, meine Frau und ich auf der Tour oder zu Hause glücklich sind. Wir wollen genügend Zeit miteinander verbringen und schauen dabei, dass die Kinder lange genug am gleichen Ort sind. Erst danach kommt die Saisonplanung. 98 oder 103 Titel zu haben, macht für mich keinen grossen Unterschied. Ich bin nur froh, diesem Rekord näher zu kommen. Und ich tue es, indem ich mich um meinen Körper kümmere und Turniere spiele, die mir Freude bereiten.

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