Andy Murray «Federer so zu sehen, ist eine Inspiration für mich»

Martin Abgottspon

24.6.2021

Andy Murray konnte seit seiner Hüftoperation nicht mehr zur Weltspitze aufschliessen.
Andy Murray konnte seit seiner Hüftoperation nicht mehr zur Weltspitze aufschliessen.
Getty Images

Wenn einer nachempfinden kann, wie sorgsam Roger Federer mit seinem Körper umgeht, dann ist es Andy Murray. Für ihn ist der Schweizer deshalb auch immer noch ein grosses Vorbild.

M. Abgottspon

24.6.2021

Im Queen's Club verkündete Andy Murray erst kürzlich unter Tränen, wie viel ihm noch immer an jedem Match liegt, das er auf der Profitour spielen kann. Dem emotionalen Interview war ein Sieg gegen Benoit Paire vorausgegangen. Später scheiterte er an Matteo Berrettini.



Es ist eine lange Leidensgeschichte, die der Schotte hinter sich hat. Im Februar 2019 liess er sich an der rechten Hüfte operieren. Nach weiteren Eingriffen kehrte er sechs Monate später mit einem künstlichen Hüftgelenk auf die Profitour zurück. Ein fulminantes Comeback, das er sogar mit dem Turniersieg in Antwerpen gegen Stan Wawrinka feiern konnte. 

Dann allerdings gab es einige Rückschläge, vor allem wegen seiner Hüfte. In der Weltrangliste ist er auf Platz 119 abgerutscht. Immerhin bekommt er für Wimbledon von den Veranstaltern eine Wildcard zugesprochen. Ein kleiner Akt des Mitleids, auf das Andy Murray ansonsten lieber verzichtet.

Vorbild und Wildcard-Hamsterer

In einem Interview mit dem Londoner Guardian sagte Murray kürzlich: «Seid nicht traurig für mich! Ich mag es, dies zu tun. Es ist meine freie Wahl. Niemand zwingt mich dazu, zu spielen.»

Murray spielt, weil er es ganz einfach liebt. Und er ist auch der festen Überzeugung, dass er noch immer mit den Besten der Welt mithalten kann: «Ich habe das im Training in den letzten sechs, sieben Monaten immer wieder gezeigt. Ihr könnt gerne die anderen Spieler fragen. Mein Niveau ist immer noch gut. Der Körper muss einfach mitspielen.»



Der Körper muss aber nicht nur mitspielen, Andy Murray muss sich auch immer noch an die neuen Mechaniken gewöhnen. Denn durch das künstliche Gelenk muss die Hüfte nun mit ganz anderen Belastungen umgehen können. Ausserdem sind auch die umliegenden Sehnen und Muskeln empfindlicher. 

Für viele Spieler und Fans ist Murray durch diesen starken Willen auch zum Vorbild geworden. Es gibt allerdings auch negative Stimmen, wie jene von Mats Wilander, der ihm ein Karriereende nahe legt, weil er sonst bloss jungen aufstrebenden Spielern die Wildcards wegnehmen würde. 

Federer als Leidensgenosse

Mit Roger Federer hat Andy Murray seit diesem Jahr eine Art Leidensgenossen. Der Schweizer hat sich im Corona-Jahr zweimal am Knie operieren lassen. Zwar ist Federer nicht auf ein künstliches Gelenk angewiesen, trotzdem ist es für ihn umso wichtiger geworden, auf das Feedback seines Körpers zu hören. So wie auch zuletzt in Paris, als er vor seinem Achtelfinal Forfait erklärte und dafür auch Kritik einstecken musste.

Murray indes verteidigte den Schweizer umgehend. Er sprach von einer vernünftigen Entscheidung und weiter: «Ich würde behaupten, dass es ziemlich riskant ist, mehrere Vier-Stunden-Matches hintereinander im zweiten Turnier seit 18 Monaten zu spielen. Also macht es für mich Sinn, darauf zu reagieren, wie sich der Körper anfühlt und wie lange die Matches dauern.»

Generell ist Murray beindruckt, wie Federer mit der Situation umgeht. «Federer zu sehen, wie er mit 39 nach zwei Knieoperationen in einem leeren Stadion spielt und sich um halb ein Uhr morgens antreibt, ist eine Inspiration für mich. Tue, was du liebst.»

Die Liebe zum Tennis treibt die beiden weiter an. Und da der Glaube bekanntlich auch Berge versetzen kann, ist den beiden früheren Wimbledon-Siegern auch dieses Jahr noch einiges zuzutrauen. Nur könnten die beiden statt wie früher im Halbfinal oder Final, jetzt schon in der ersten Runde aufeinander treffen. Die Auslosung vom Freitag wird es zeigen.

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