Australian Open «Oh Gott, Millman» – Federers Respekt vor dem nächsten Gegner

Syl Battistuzzi, Melbourne

22.1.2020

Nur sechs Games gibt Roger Federer gegen den Filip Krajinovic ab und zieht kräftesparend in die dritte Runde ein. Dort wartet mit dem Einheimischen John Millman ein Gegner, an den der Schweizer nicht nur gute Erinnerungen hat.

Trotz seiner geringen Matchpraxis bleibt Roger Federer auf dem erhofften Weg zu seinem siebten Australian-Open-Titel ohne Satzverlust. Der Serbe Filip Krajinovic ist kein Gradmesser für ihn und muss sich nach 92 Minuten mit 1:6, 4:6 und 1:6 geschlagen geben.

«Mir sind solche lockeren Siege lieber, als wenn es auf Messers Schneide steht», meint Federer nach der Partie. «Auch wenn es so einfach aussieht, steckt immer der Wille dahinter, nicht nachzulassen und weiter die Führung auszubauen.»

Damit steht die Weltnummer 3 bei den Australian Open zum 21. Mal in Serie in der dritten Runde. «Sicher mit ein Grund dafür ist, dass ich beim Saisonauftakt jeweils unverletzt ins Turnier gehen konnte, was halt etwa bei den anderen Majors während der Saison anders aussehen kann», erklärt er.

2000 war in der dritten Runde Endstation für Roger Federer: Da musste auch der Schläger dran glauben.
2000 war in der dritten Runde Endstation für Roger Federer: Da musste auch der Schläger dran glauben.
Bild: Getty

Standortbestimmung gegen einen unbequemen Gegner

Federer prophezeit: «Der nächste Match wir ein guter Test werden für mich.» Tatsächlich hat er gegen den Australier John Millman 2018 in den Achtelfinals der US Open eine der bittersten Niederlagen seiner Karriere erlitten. «Physisch war es sicher die schlimmste», konstantiert der 38-Jährige, der damals aufgrund der geringen Luftzirkulation und hohen Luftfeuchtigkeit im überdachten Arthur Ashe Stadium Probleme mit der Atmung bekam und nach der Partie direkt zum Arzt musste.

Ein Heizkessel sei es damals gewesen, er sei einfach in eine Wand gelaufen, erinnert sich Federer. «Ich wäre dort fast kollabiert.» Und hält scherzend fest: «Er hat nicht nachgeprüft, ob ich tatsächlich ohnmächtig wurde.»

Im letzten Sommer konnte sich dann der Basler in Halle für das Ausscheiden in New York revanchieren. Vor dem Duell hatte er aber ein wenig Bammel: «Oh Gott, Millman» schwirrte mir im Kopf rum.» Danach siegte er aber standesgemäss mit 7:6 und 6:3. Seit 2010 spielt der in Brisbane geborene Millman auf der Tour mit, einen grossen Titel gewann der inzwischen 30-Jährige noch nie. Millman, der einst beim TC Zug Interclub spielte, freut sich auf das neuerliche Aufeinandertreffen: «Es gibt nicht viel Besseres, als an deinem Grand Slam gegen Roger zu spielen.»

Die Leistungen der aktuellen Weltnummer 47 scheinen im Alter sogar besser zu werden, im vergangenen Oktober stürmte er in Tokio bis ins Finale, ehe ihn dort Novak Djokovic stoppte. «Er spielt sowohl Back- als auch Vorhand instensiv, ich muss also kreativ sein», so Federers Plan. Er sei auch ein Spieler, der versuche seinen Gegner in allen vier Zonen zu beschäftigen.

John Millman will Federer erneut Probleme bereiten.
John Millman will Federer erneut Probleme bereiten.
Bild: Getty

Viele Tennis-Experten sind der Meinung, die Unterlage sei im Vergleich zu den letzten Jahren langsamer geworden. Federer erläutert: «In der Night Session und unter geschlossenem Dach ist es natürlich anders als am Tag – man sieht den Ball viel klarer, man kann sich fast wie auf Sand den Gegner zurechtlegen und mit einem Winner abschliessen.» Die Bälle seien zwar in den ersten Games schnell, danach seien sie aber deutlich langsamer.

John McEnroe meinte im Platzinterview kryptisch, Federer mache seinen Einfluss bei den Turnierleitung geltend, um in der Rod Laver Arena spielen zu können. Damit habe er immer die grösste Publikumsmehrheit auf seiner Seite, mutmasste die amerikanische Tennis-Legende. Der Rekord-Grand-Slam-Sieger entgegnet: «Ich bin immer happy, wenn die Leute mitmachen. Aber ich wähle den Platz nie.» Und ergänzt trocken: «Ich bin bereit, überall zu spielen.»

Am Freitag darf Federer also zum nächsten Mal antreten. Nach seiner Pause verspürt er offenbar so richtig Lust auf Tennis. Hoffentlich noch möglichst lange, wünscht sich da wohl die Mehrheit der Tennis-Fans. 




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