Daniil Medvedev ist am Sonntag Gegner von Titelverteidiger Novak Djokovic im Final der Australian Open. Der formstarke Russe wird eine Herkulesaufgabe für den Serben.
Der ATP-Finals-Sieger gewann im Halbfinal von Melbourne gegen den Weltranglistensechsten Stefanos Tsitsipas 6:4, 6:2, 7:5. Nur im 3. Satz sei er etwas nervös geworden, so Medvedev. Kein Wunder, schliesslich hatte er am TV live mitbekommen, wie Tsitsipas in der Runde zuvor Rafael Nadal trotz 0:2-Satzrückstand noch bezwungen hatte.
Doch dann konzentrierte der Russe sich wieder auf sein Erfolgsrezept: «Asse und Winner schlagen.» Zuvor schickte er seinen bemitleidenswerten Gegner überall auf dem Platz herum. Immerhin dürfte sich sein Mitleid in Grenzen halten. Mit dem Griechen versteht er sich nicht gut: Die beiden lieferten sich in der Vergangenheit einige Zankereien auf dem Platz. Auch am Freitag stichelte Medvedev mehrmals in Richtung seines Gegners. Trotzdem musste auch Tsitsipas neidlos die Überlegenheit anerkennen. Sein spezieller, aber passender Kommentar zum Match: «Er wurde einfach Daniil Medvedev für drei Sätze in Folge.»
Dabei war sein Spiel nach eigener Aussage im November vor Paris Bercy noch «fürchterlich». Doch dann kam dank «harter Arbeit» die Wende. Nach dem Triumph in Paris folgte der Höhepunkt beim Saisonfinal in London, als er in der Gruppenphase Alexander Zverev, Novak Djokovic und Diego Schwartzman schlug und danach auch Rafael Nadal und Dominic Thiem bodigte. Nach den Australian Open wird er den Österreicher auch in der Weltrangliste überholen und neu die Nummer 3 der Welt sein.
Der abgezockte Tennisprofi hat ausserdem zwanzig Siege hintereinander gereiht. Dabei hat er – mit Ausnahme des verletzten Roger Federers – alle Top-10-Spieler geschlagen. «Es ist schade, dass Roger nicht spielt. Ich hätte gerne gegen ihn gespielt – gegen Roger zu spielen, ist immer ein Privileg», sagt Medvedev.
Die Statistik sei schön zu hören. «Vor allem, weil ich früher, als ich in den Top 20, 30 war, mit den grossen Spielern Mühe hatte.» Die Konsequenz: «Die Gegner haben vielleicht jetzt ein wenig mehr Angst.»
Medvedew schiebt Druck auf Djokovic
Am Sonntag (9:30 Uhr/live auf blue Sport im Ticker) steht ihm dabei mit Djokovic die ultimative Herausforderung bevor. «Ich habe keinen Druck, er hat hier keinen seiner acht Finals verloren», so Medvedev. Djokovic wolle sicher näher an Federer und Nadal rankommen – es wäre der 18. Major-Titel für den Serben.
«Natürlich hat er mehr Erfahrung, dafür auch mehr zu verlieren», so Medvedevs Fazit über die Weltnummer 1. Er sieht die Ausgangslage folgendermassen: «Ich bin kein Aussenseiter, sondern ich bin der Herausforderer.» Gegen Djokovic habe er «immer sowohl physisch als auch mental harte Matches gehabt». Im Direktduell führt er mit 4:3-Siegen, was für ihn aber keine Rolle spiele. Am meisten fürchtet Medvedev, wenn Djokovic «in der Zone sei und alles treffe». Dann müsse er halt auch gut spielen, meint er trocken.
Der 1,98 Meter grosse Hüne hofft, dass ihm seine Erfahrung aus seinem ersten Grand-Slam-Final hilft. 2019 verlor er nach einem epischen Kampf gegen Rafael Nadal in fünf Sätzen. Er habe daraus viel gelernt, hält Medvedev fest.
Tsitsipas meint: «Es würde mich nicht überraschen, wenn Daniil das Turnier gewinnen würde.» Mit einem Sieg könnte er auch in die Fussstapfen von Marat Safin treten. Sein Landsmann bezwang in Melbourne 2005 Llleyton Hewitt.