«Auf der Couch gezittert» Ein Schweizer Trio darf dank grosser Moral vom Australian Open träumen

Von Luca Betschart

11.1.2023

Leandro Riedi (rechts), hier im Doppel mit Jérôme Kym bei den Swiss Indoors 2022, beweist in Melbourne Kämpferqualitäten.
Leandro Riedi (rechts), hier im Doppel mit Jérôme Kym bei den Swiss Indoors 2022, beweist in Melbourne Kämpferqualitäten.
Bild: Keystone

Simona Waltert, Dominic Stricker und Leandro Riedi müssen eine letzte Hürde überspringen, um erstmals ins Hauptfeld eines Grand Slams vorzustossen. Dabei schien der Traum für Riedi und Waltert zwischenzeitlich bereits geplatzt.

Von Luca Betschart

Noch nie war die Schweiz in der Qualifikation für die Australian Open zahlreicher vertreten als in diesem Jahr. Vor der dritten und letzten Runde ist die ursprünglich achtköpfige Vertretung aber auf ein Trio geschrumpft. Nebst Joanne Züger, Ylena In-Albon, Antoine Bellier und Alexander Ritschard musste in der Nacht auf Mittwoch zuletzt auch Henri Laaksonen die Segel vorzeitig streichen.

Drei Aushängeschilder von Swiss Tennis sind dagegen nur noch einen Sieg davon entfernt, erstmals in ein Grand-Slam-Hauptfeld vorzustossen – und damit ein Preisgeld von knapp 68'000 Franken einzustreichen. Auf dem Weg dahin beweisen insbesondere Simona Waltert und Leandro Riedi grosse Kämpferqualitäten.

Waltert wendet Auftaktniederlage ab

Waltert muss in der ersten Quali-Runde gegen die Belgierin Green Minnen einen Matchball abwehren, um sich überhaupt ins Tiebreak des 2. Satzes zu retten. Dort dreht die 22-Jährige einen 2:4-Rückstand in ein 7:4, schafft den Satzausgleich und gewinnt die Partie schlussendlich mit 6:7, 7:6 und 6:1.

In der zweiten Runde lässt sie der Australierin Astra Sharma keine Chance, gibt nur 6 Games ab und kämpft damit in der Nacht auf Donnerstag gegen Katherine Sebov um den erstmaligen Einzug ins Hauptfeld.

Spielt sich Simona Waltert in Australien ins Hauptfeld?
Spielt sich Simona Waltert in Australien ins Hauptfeld?
Bild: Imago

Auch für Leandro Riedi rückt die Qualifikation zwischenzeitlich in weite Ferne. Auf den problemlosen Auftaktmatch gegen Tim van Rijthoven, welcher beim Stand von 3:6 und 0:3 aus seiner Sicht aufgeben muss, folgt für Riedi in der zweiten Runde in Person des Italieners Giuilo Zeppieri ein echter Bewährungstest.

Riedi schafft kleines Wunder

Nach dem verlorenen Startsatz gerät der Schweizer auch im 2. Satz früh mit Break in Rückstand. Doch Riedi schlägt zurück, holt sich nach dem Rebreak auch das Tiebreak und schafft den Ausgleich. Die Freude währt allerdings nicht lange, denn auch im Entscheidungssatz gerät Riedi schnell mit Break  und 0:3 ins Hintertreffen. Wieder findet der Schweizer einen Weg zurück – auch wenn dieser durch die Wadenprobleme beim Gegner wohl begünstigt wird.

Riedi kämpft sich ins Super-Tiebreak (auf 10 Punkte), wo die aktuelle Weltnummer 135 aufs Neue einem Rückstand hinterherrennt und beim Stand von 5:8 kurz vor dem Aus steht. Und tatsächlich wehrt Riedi kurz darauf bei 7:9 und bei 10:11 insgesamt drei Matchbälle ab, bevor er die Wende mit seinem zweiten Matchball und nach knapp zweieinhalb Stunden perfekt macht. In der dritten Quali-Runde wartet der Tscheche Dalibor Svrcina.

Stricker zittert mit Riedi

Während sich Dominic Stricker noch auf seinen Einsatz gedulden muss, fiebert er in den Katakomben mit seinem Landsmann und guten Freund mit. «Um ehrlich zu sein, war ich beim Zuschauen nervöser als in meinem Match», gesteht Stricker später. «Ich habe sogar auf der Couch in der Umkleidekabine gezittert. Leandro spielen zu sehen, freut mich sehr für ihn.»

Stricker hat dann auch keinen Grund, in seinem Spiel nervös zu werden, stürmt er doch Satzverlust in die letzte Quali-Runde. Nach dem 6:4, 7:6-Sieg über Mitchell Krueger aus den USA wartet in der abschliessenden Runde der Franzose Enzo Couacaud auf die aktuelle Weltnummer 119.

Schon jetzt ist die Schweiz im Hauptfeld des ersten Grand-Slam-Turnieres des Jahres fünffach vertreten. Marc-Andrea Hülser und Stan Wawrinka auf Männerseite sowie Belinda Bencic, Jil Teichmann und Viktorija Golubic bei den Frauen überspringen dank ihrer Rankings die Qualifikation. Können Waltert, Riedi und Stricker nachziehen?