Nach dem überraschenden Triumph vor einem Jahr starten die Schweizerinnen in Sevilla gegen Tschechien ins Finalturnier des Billie Jean King Cups. Als Aussenseiterinnen mit schönen Erinnerungen.
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- Die Schweizer Tennisfrauen wollen beim Billie Jean King Cup ihren Titel vom Vorjahr verteidigen.
- Ob Belinda Bencic mit nach Spanien reisen wird, ist noch unklar. Sie und Günthardt liessen es offen, ob die Schweizer Team-Leaderin in Sevilla eingreift.
- Es ist dieser Teamgeist, der den Schweizerinnen Hoffnung auf einen weiteren Exploit macht – trotz «Todesgruppe» mit Tschechien und den USA, auf die man am Donnerstag trifft.
Heinz Günthardt hat mit seinen 64 Jahren schon einiges erlebt. Wimbledonsieger im Doppel, langjähriger Coach von Steffi Graf, Schweizer Davis-Cup- und Fedcup-Captain. Als er vor dem Abflug nach Sevilla packte es aber auch den Routinier. «Ich habe ein paar Tränen verdrückt, als ich die Bilder vom letzten Jahr sah», gibt Günthardt zu.
In Glasgow holten seine Spielerinnen erstmals für die Schweiz den mittlerweile Billie Jean King Cup genannten Team-Weltmeistertitel. Nun machen sich die gleichen vier Spielerinnen – dazu Neuling Céline Naef – an, ein weiteres Märchen zu schreiben. «Das Ziel ist natürlich ganz klar die Titelverteidigung», sagt Günthardt.
Bencic lässt Einsatz offen
Dass er diesmal fünf Spielerinnen aufgeboten hat, liegt in erster Linie an der Teamleaderin Belinda Bencic. Die 26-jährige Olympiasiegerin sorgte letzte Woche für weitere Glücksgefühle und kündigte an, dass sie erstmals Mutter wird. Ob sie nun in Spanien noch einmal aktiv eingreift, liessen Günthardt und Bencic offen.
«Das werden wir am Dienstag bei der Nomination sehen», meinte die Ostschweizerin, die letztes Jahr am Finalturnier alle fünf Partien gewann, mit einem Lächeln. Das Fehlen der Weltnummer 14 würde schmerzen, auch wenn sie seit Ende September wegen einer Lebensmittelvergiftung nicht mehr gespielt hat.
Die Schweizerinnen werden in der bereits vorentscheidenden ersten Partie gegen Tschechien damit noch klarer die Aussenseiterinnen sein. Nur die Gruppensieger erreichen die Halbfinals, und die Tschechinnen können auch ohne die verletzte French-Open-Finalistin Karolina Muchova auf zwei Top-10-Spielerinnen zählen – die Wimbledonsiegerin Marketa Vondrousova und die Roland-Garros-Championne von 2021, Barbora Krejcikova. Beide kamen in Glasgow bei der Halbfinal-Niederlage gegen die Schweiz nicht zum Einsatz.
Teamgeist für die entscheidenden zwei Prozent
An den Ambitionen von Günthardt und seinem Team ändert dies nichts. «Im Frauentennis ist alles sehr nahe beisammen, zwei bis drei Prozent machen den Unterschied», erklärt der erfahrene Captain. «Und dank unserem Teamgeist konnten wir oft diese zwei, drei Prozent abrufen.» Nach dem Final 2022 und dem Sieg vor einem Jahr habe man auch etwas weniger Druck. «Wir haben die Hürde schon einmal übersprungen, wir wissen, dass wir es können.»
Hoffnung macht auch der Aufschwung bei der Nummer 2 Viktorija Golubic (WTA 83). Die 31-jährige Zürcherin gewann ihre letzten zwei Turniere – ein Challenger in Rouen und ein ITF in Shrewsbury – und ist seit zehn Spielen ungeschlagen. Nach einem schwierigen ersten Halbjahr habe sie etwas Zeit gebraucht, um «mich körperlich und mental zu erholen». Nun kann sie auch den Finals beruhigt entgegensehen, da sie ihren Platz in den Top 100 und damit die direkte Qualifikation für das Australian Open auf sicher hat. Zusätzliche Motivation gibt auch bei ihr die Erinnerung ans letzte Jahr. «Ich habe das ganze Jahr immer wieder an diesen Sieg gedacht. Es ist schon speziell, welch starke Emotionen auch jetzt noch hochkommen.»
Es ist dieser Teamgeist, der den Schweizerinnen Hoffnung auf einen weiteren Exploit macht – trotz «Todesgruppe» mit Tschechien und den USA, auf die man am Donnerstag trifft. «Die anderen haben auch keine Freude, uns in der Gruppe zu haben», meint Jil Teichmann lachend. Und diese können nicht auf die gleich schönen Erinnerungen zurückgreifen.