Wettbetrug Spielmanipulation im Tennis: «Ein verlorener Satz ist 1'000 Euro wert»

lbe

2.5.2019

Der Franzose Mick Lescure gibt in einem Polizeiverhör Auskunft über Spielmanipulationen im Tennissport.
Der Franzose Mick Lescure gibt in einem Polizeiverhör Auskunft über Spielmanipulationen im Tennissport.
Bild: Printscreen Twitter

Ein Polizeiverhör legt neue Details zu Spielmanipulationen im professionellen Tennissport offen. Vor allem auf Challenger-Turnieren scheint der Wettbetrug bei Spielern ein probates Mittel zu sein.

Im Alter von 21 Jahren gewinnt Mick Lescure vor vier Jahren in Deutschland ein Future-Turnier und träumt von einer grossen Tennis-Zukunft. Der endgültige Durchbruch will dem Franzosen aber bis heute nicht gelingen, in der ATP-Weltrangliste ist er nie besser klassiert als auf Rang 487. In diesen Regionen des Profitennis sind die finanziellen Ressourcen gering, und ein Spieler wie Lescure ist gewissermassen prädestiniert für die Fänge der Wettmafia. Das Budget der Betrüger muss dabei nicht riesig sein – Profis auf der Challenger- oder der noch tieferen Future-Ebene verdienen schlicht zu wenig.

Im Januar dieses Jahres gibt der mittlerweile 25-Jährige in einem französischen Polizeiverhör zu, «Matchfixing» betrieben zu haben, nachdem er mit drei französischen Kollegen festgenommen wurde. Lescure ist der einzige von ihnen, der im grossen Stil auspackt: Er habe seit 2015 Kontakt mit dem Armenier Grigor Sargsyan, der ihm für verlorene Matches, Sätze oder auch erhaltene Breaks insgesamt rund 30'000 Euro bezahlt habe.

«Auf einem Challenger-Turnier haben wir mehr verlangt als auf Future-Events. Ein Break zum richtigen Zeitpunkt zu erhalten, war zwischen 300 und 500 Euro wert, ein Satz um die 1'000 Euro und ein Match bis zu 2'500 Euro», wird er im Protokoll des Polizeiverhörs zitiert, das «tennismagazin» vorliegt.



«Etliche Spieler tun es»

Lescure dürfte kein Einzelfall sein. Er gab an, Sargsyan auch an andere Spieler vermittelt zu haben: «Die haben sicher auch mit ihm zusammengearbeitet.» Konkrete Namen nannte er nicht. Ausserdem sei ihm das Ausmass seiner Taten nicht bewusst gewesen, weil Manipulationen an Turnieren dieser Stufe zur Tagesordnung gehören. «Es kommt einem vor wie eine Banalität, wenn es etliche Spieler ebenfalls tun. Auf jedem Turnier, das ich in dieser Zeit gespielt habe, gab es Manipulationen.»

Grigor Sargsyan sitzt seit letztem Sommer in Untersuchungshaft. Er soll an der Spitze einer armenischen Gruppe gestanden haben, die mindestens zwei Wettringe anführte. Dennoch sollen gemäss «tennismagazin» 30 weitere Spieler aus Frankreich unter Verdacht stehen. Auch in Spanien wurden im Oktober 2018 28 Spieler festgenommen, weil sie in Spielmanipulationen verwickelt sein sollen. Bei den manipuierten Spielen solle es sich ausschliesslich um Partien auf Future-und Challenger-Stufe gehandelt haben.



Verdächtige weiterhin spielberechtigt

Glaubt man Lescure, treiben Wettbetrüger allerdings auch an ATP-Turnieren ihr Unwesen. «Manipulation ist sogar auf der ATP-Tour üblich. Es geht los bei Spielern unterhalb von Platz 50 der Weltrangliste. Wenn ihnen eine fünfstellige Summe angeboten wird, lehnen nur die wenigsten ab.»

Trotz des umfassenden Geständnisses sind Lescure und weitere tatverdächtige Spieler allerdings weiterhin spielberechtigt. «Eine vorläufige Sperrung der befragten Spieler hat nicht stattgefunden. Wegen des Papierkrams stehen die Ermittlungen seit der Befragung im Januar still», wird eine polizeinahe Quelle von «tennismagazin» zitiert.

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