Auf dem Weg zurückHarte Arbeit zahlt sich aus – «Stan the Man» ... again
Luca Betschart
16.8.2018
Stan Wawrinka schlägt in Cincinnati auch Kei Nishikori und steht verdient im Achtelfinal. Eineinhalb Wochen vor dem Auftakt zu den US Open in New York ist der Romand auf gutem Weg, zu seiner Bestform zurückzufinden.
Stan Wawrinka hat schwere Zeiten hinter sich. Ende Mai rutscht er nach der bitteren Erstrunden-Niederlage an den French Open gegen Guillermo Garcia-Lopez in der Weltrangliste auf Platz 263 ab, ist damit so schlecht klassiert wie seit 15 Jahren nicht mehr und nach Federer und Laaksonen gar nur noch der drittbeste Schweizer im Ranking.
Es sind die Auswirkungen einer langen und mühsamen Verletzungspause mit zwei Knieoperationen, die er nach Wimbledon 2017 einlegen musste. Als er im Januar 2018 mit mässigen Erfolg auf die Tour zurückkehrt, muss er seinem operierten Knie nach nur vier Turnieren erneut eine Zwangspause gönnen, die sich bis kurz vor die French Open und der bereits erwähnten Auftaktniederlage gegen Garcia-Lopez hinzieht.
Ein langer und steiniger Weg
Seither geht es zwar langsam, aber kontinuierlich aufwärts. Obwohl es in der Tenniswelt als Nummer 263 nicht einfacher wird: Sofern es keine Wildcard gibt, muss zunächst die Qualifikation überstanden werden, bevor man als ungesetzter Spieler bereits sehr früh auf einen absoluten Topspieler treffen kann. Nachdem der Romand bereits in der Rasensaison einige Achtungserfolge, wie beispielsweise beim Erstrunden-Sieg über Grigor Dimitrov (ATP 5) in Wimbledon feiern konnte, scheint er zu Beginn der Hartplatzsaison in Übersee erneut einen Schritt näher an seiner Bestform zu sein.
Nach Siegen über Nick Kyrgios und Marten Fucsovic, sowie einer guten Leistung bei der knappen Niederlage gegen Rafa Nadal in Toronto letzte Woche, zeigt sich Wawrinka auch in Cincinnati in starker Verfassung. In der ersten Runde schaltet er mit Diego Schwartzmann die Weltnummer 12 aus und in der Nacht auf Donnerstag gewinnt er gegen Kei Nishikori nach Breakrückstand in zwei Sätzen.
«Ich habe etwas zögerlich begonnen, bis ich meinen Rhythmus gefunden habe. Ich musste reagieren und versuchte, mich auf meine Stärken zu konzentrieren. Ich wollte aggressiver auftreten, ihn zurückdrängen und die Ballwechsel diktieren» erklärt der sichtlich zufriedene Wawrinka nach dem Spiel gegenüber «SRF».
Doch der 33 Jährige mahnt weiter zur Geduld. Für die endgültige Rückkehr an die Weltspitze braucht Wawrinka nach eigener Aussage vor allem eines: Selbstvertrauen. Und mit steigendem Vertrauen wird er auch die bisher fehlende Konstanz wiederfinden. «Langsam, aber sicher kommt mein Spiel zusammen, aber ich erwarte immer noch ein Auf und Ab in den nächsten Wochen und Monaten. Das Wichtigste ist, dass ich weiterhin hart arbeite und dass ich solche Matches gewinne. Stück für Stück kommt so mein Selbstvertrauen zurück.»
Dass «Stan the Man» hart arbeiten kann, hat er in der Vergangheit schon oft bewiesen. Er sagte einst selbst: «Ich bin nicht der Ronaldo des Tennis. Ich hatte als Junior nicht so viel Talent und musste deshalb härter arbeiten.» Das zeigt sich bis heute auf dem Platz und bringt ihm den Übernamen «Marathon Man» ein.
Physisch ist das Vertrauen nach den drei harten Spielen in Toronto zurück. «Ich vertraue meinem Körper, nun muss ich auch noch meinem Kopf vertrauen». Dass dies nicht von heute auf morgen geschieht, ist auch dem Romand klar: «Nun bin ich überzeugt, dass ich es schaffen werde, auch wenn es etwas Zeit braucht. Ich bewege mich in die richtige Richtung.»
Gewinnt der Lausanner seinen Achtelfinal gegen Fucsovics (nicht vor 22.00 Uhr Schweizer Zeit) und schlägt Roger Federer Leonardo Mayer (ab ca. 1 Uhr in der Nacht auf Freitag), kommt es zum ersten Schweizer Duell seit Indian Wells 2017. Damals unterlag Wawrinka als Weltnummer 3 (!) im Final knapp seinem Landsmann. «Stan the Man» ist auf dem Weg zurück ...