Zwei wie Pech und Schwefel Warum Rafael Nadal eine solche Macht auf Sand ist

Von Martin Abgottspon

2.6.2021

Rafael Nadal ist auch dieses Jahr der Top-Titelanwärter bei den French Open. Zum Auftakt besiegt er Alexei Popyrin klar in drei Sätzen 6:3, 6:2, 7:6.
Rafael Nadal ist auch dieses Jahr der Top-Titelanwärter bei den French Open. Zum Auftakt besiegt er Alexei Popyrin klar in drei Sätzen 6:3, 6:2, 7:6.
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In Paris gewann Rafael Nadal 98 Prozent seiner Spiele. Eine Quote für die Ewigkeit. Doch was steckt hinter der Dominanz auf der roten Asche? Und welche Rekorde sind noch offen?

Von Martin Abgottspon

In der ewigen Bestenliste auf Sand sucht man Roger Federer und Novak Djokovic vergebens in den Top 10. Wahrscheinlich auch, weil Rafael Nadal hier zu viel Platz für sich beansprucht. Mit 62 Titeln ist er bei Weitem der erfolgreichste Sandspieler aller Zeiten. Er gewann mehr als 90 Prozent seiner Profi-Partien auf dieser Unterlage und 13 seiner 20 Grand-Slam-Titel bei den French Open.

Ein Ende ist nicht in Sicht. Zumindest noch nicht für die diesjährigen French Open, wo er trotz seiner stolzen 34 Jahre (am Donnerstag wird er 35) bei den Buchmachern, aber auch allen Tennisfans, als der grosse Favorit gilt. Bei 100 Siegen in 102 Spielen überrascht auch das nicht. Wer sonst kommt bei irgendeinem Turnier in irgendeiner Sportart auf eine solche Quote?  

Die besten Sand-Spieler ausgehend von der Anzahl Titel auf Sand.
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Sand zu jeder Jahreszeit

Über Nadals Dominanz zerbrechen sich Widersacher und Experten schon seit 16 Jahren den Kopf. 2005 hat der Mallorquiner erstmals in Paris teilgenommen und im Alter von 19 Jahren auf Anhieb gewonnen. Robin Söderling und Novak Djokovic sind die beiden einzigen Spieler, die ihn in Roland Garros schlagen konnten. Auch wenn Nadal in den letzten Jahren vielleicht vereinzelte Schwächen zeigte und seine Satz-Quote etwas tiefer ausfiel, war er am Ende doch immer noch der verdiente Sieger. Im Vorjahr war seine Machtdemonstration dann schon fast wieder beängstigend. Er gab keinen einzelnen Satz ab und besiegte Novak Djokovic im Final deutlich mit 6:0, 6:2 und 7:5. 



Dass ausgerechnet ein Spanier eine solche Vorherrschaft auf Sand aufweist, kommt nicht von ungefähr. Schon vor Nadal haben Spieler wie Manuel Santana, Sergi Bruguera, Carlos Moya oder Albert Costa Paris zu ihrem Revier gemacht. Ein wesentlicher Grund für dieses Phänomen dürfte das milde Klima in Spanien sein. Denn während man in anderen europäischen Nationen im Winter in die Halle wechselt, können Spanier das ganze Jahr hindurch auf Sand trainieren. Ausserdem steckt der spanische Tennisverband viel Geld in die Förderung der Talente, auch dank der Einnahmen der Turniere in Madrid und Barcelona.

Paris und Nadal: Eine Liebe für die Ewigkeit.
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Ein Spin, der Gegner verzweifeln lässt

Doch nicht nur das lebenslange Training auf der roten Asche spielt Rafael Nadal in die Karten. Sein Spielstil ist wie für die Unterlage gemacht. Denn kein anderer Spieler spielt die Bälle mit soviel Spin wie der Mallorquiner. Im Extremfall kommen seine Bälle auf bis zu 5000 Umdrehungen pro Minute und fliegen nach dem Aufprall auf eine Höhe von bis zu 160 Zentimeter.

Das bereitet den meisten Gegnern extreme Probleme, vor allem denjenigen mit einer einhändigen Rückhand wie Roger Federer. Beim Versuch, den Ball im Steigen zu spielen, geht durch die enormen Kräfte viel Kontrolle verloren. Lässt man sich stattdessen auf das langsamere Spiel weit hinter der Grundlinie ein, wird man von Nadal nach allen Regeln der Kunst zermürbt.

Rafael Nadal nach seinem 12. Sieg in Paris im Jahr 2019.
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Keystone

Frauenrekorde im Visier

Ein Gegenmittel haben bisher nur die wenigsten Kontrahenten gefunden. Am ehesten noch Novak Djokovic, der Nadal immerhin schon sieben Siege auf Sand abringen konnte und deshalb auch als grösste Bedrohung an den French Open gilt, erst recht nachdem Dominic Thiem bereits in der ersten Runde überraschend gescheitert ist. Als neuen Angstgegner könnte man vielleicht noch Alexander Zverev ausmachen, der Anfang Mai in Madrid den Sandkönig in zwei Sätzen in die Knie zwang.



Dazu war für Zverev aber ein perfekter Tag nötig. Der Deutsche behielt in sämtlichen kritischen Situationen die Nerven und spielte an diesem Tag wirklich das Beste, was er zu bieten hat. In Paris ein solches Level über eine Fünfsatz-Partie aufrecht zu halten, ist dann nochmal ein anderes Kaliber, das aber nötig ist, wenn man Nadal hier besiegen will.

Gelingt es am Ende doch keinem, wird Nadal weiter Geschichte schreiben. Bei den Männern gibt es zwar nicht mehr viele Rekorde zu knacken, den Vergleich mit Chris Evert muss aber wohl nicht mehr lange fürchten. Aktuell hat die frühere Sand-Spezialistin noch vier Sand-Titel mehr auf dem Konto. Gut möglich, dass es schon in zwei Wochen nur noch drei sind.