In einer sechsteiligen Serie erzählt «Bluewin» die Geschichten von Sportlern, die es trotz eines Handicaps weit gebracht haben. Teil 4: Bethany Hamilton.
Die Liebe zum Surfen wird Bethany Hamilton quasi in die Wiege gelegt. Bevor sie das Licht der Welt erblickt, ziehen ihre Eltern nach Hawaii, an die Nordküste von Kauai. Ihre Mutter gilt als Königin von Hanalei – aufgrund ihrer Leidenschaft, grössere Wellen als alle anderen zu surfen. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Tochter Bethany weiss bereits als kleines Mädchen, dass sie Profi-Surferin werden will.
Gepusht von zwei Brüdern zeigt sich schnell, dass Hamilton grosses Potenzial hat. Auch sie erkennt das. «Mit acht Jahren wusste ich, dass ich Profi-Surferin sein werde», schildert sie in ihrer Netflix-Dokumentation «Unstoppable».
Die ersten Wettkämpfe verlaufen denn auch vielversprechend, selbst zwei Jahre ältere Jungs können ihr zu dieser Zeit nicht das Wasser reichen. Bis sie 13 Jahre alt ist, haben sich bereits zahlreiche Trophäen in ihrem Zimmer angesammelt, dank «Rip Curl» hat sie zudem schon einen Sponsor an Land gezogen. Dann schlägt das Schicksal zu.
«Keine Sorge Dad, alles wird gut»
Im Oktober 2003 wird Hamilton an der Küste von Kauai von einem vier Meter langen Tiger-Hai angegriffen und schwer verletzt. Hamilton verliert ihren linken Arm und 60 Prozent ihres Blutes, bis sie im Krankenhaus ankommt. Ihr Vater erinnert sich an den schwersten Moment seines Lebens. «Sie war weiss wie ein Blatt Papier – von all dem Blutverlust.» Während er um Fassung ringt, sagt Bethany bloss: «Keine Sorge Dad, alles wird gut.»
Trotz des traumatischen Erlebnisses äussert Hamilton bereits sechs Tage später den Wunsch, auf das Surfbrett zurückzukehren. Drei Wochen später – nur 26 Tage nach dem Hai-Angriff – erfüllt sie sich diesen. Ihre grossen Ambitionen sind ungebrochen. «Das Schwierigste am einarmigen Surfen ist, durch die Gischt zu kommen und eine Welle zu fangen», erklärt sie. Dank einem von ihrem Vater gebastelten Griff überwindet sie aber auch dieses Hindernis. Ab 2004 nimmt sie wieder an Wettkämpfen teil.
Der harte Weg an die Weltspitze
Unbeirrt geht sie ihren Weg, ist 2005 mit von der Partie bei der «NSSA National Competition», den Landesmeisterschaften – und triumphiert. Ihr Bruder Holt berichtet: «Es war surreal. Alle Leute am Strand drehten durch.» Bemerkenswert ist auch die Siegesrede der damals 15-Jährigen. «Zuerst muss ich Jesus Christus danken, er ist wie mein Alles», sagt die gläubige Christin. Der Rummel um ihre Person ist mittlerweile riesig.
Den Sprung auf die World Tour, die wohl grösste Herausforderung im Surf-Sport, verpasst sie danach zwar hauchdünn – zunächst. Doch Hamilton steckt zahlreiche Rückschläge weg, aufgeben ist nie eine Option. Dank Wildcards kann sie sich immer wieder mit den besten Surferinnen der Welt messen, 2009 gibt sie schliesslich ihr Debüt auf der World Tour.
Ihren sportlichen Höhepunkt erreicht sie 2016, als sie in Fiji eine Wildcard erhält und bis in den Halbfinal vorprescht. Auf dem Weg dorthin schaltet sie die sechsmalige Weltmeisterin Stephanie Gilmore und die damalige Nummer 1 der Welt, Tyler Wright, aus – und das bloss ein Jahr nach der Geburt ihres ersten Sohnes. Es ist der endgültige Beweis: Bethany Hamilton gehört auch mit einem Arm zur absoluten Weltspitze – und ist eine Inspiration, die ihresgleichen sucht.