Der Genfer NBA-Spieler Clint Capela (24) von den Houston Rockets lebt den amerikanischen Traum.
Im Sommer hat er einen mit 90 Millionen Dollar dotierten Fünfjahresvertrag unterzeichnet. Der Center ist damit aktuell der am besten verdienende Schweizer Sportler.
Den neuen Vertrag kann Capela als Anerkennung für seine immer imponierender gewordenen Leistungen betrachten. Keystone-SDA führte in New York ein Exklusiv-Interview mit dem 2,08 m grossen Crack, der auf und ausserhalb des Parketts eine verblüffende Reife ausstrahlt. Die Abgeklärtheit ist nur einer der Faktoren, die Capela Schritt für Schritt ins Rampenlicht der grossen Basketball-Welt katapultierten.
Zuletzt imponierte der romand beim Sieg der Rockets in Chicago mit dem fünften Double-Double in Folge. 35 Minuten stand Capela beim 96:88-Sieg der Rockets in der besten Basketball-Liga der Welt auf dem Parkett.
Ausgehend von Meyrin, führte Capelas Weg über Frankreichs Topliga im Burgund (Chalon-sur-Saône) und nach dem Draft 2014 (Overall-Nummer 25) in die NBA-Farmteam-Liga zu Hidalgo in Texas nahe der mexikanischen Grenze auf die grosse NBA-Bühne.
Das Interview:
Clint Capela, was braucht es, um es als Europäer oder besser gesagt als Schweizer in die NBA zu schaffen?
Talent für eine NBA-Karriere haben in Europa viele. Dann kommen noch aussergewöhnliche Begabungen hinzu, die einen nur von Gott in die Wiege gelegt wurden. Es gibt jedoch neben dem Talent und der Arbeit noch weitere Faktoren, die entscheidend für die Weiterentwicklung sind. Talent und Arbeit sind für mich für den Erfolg nicht ausreichend. Die Freunde, die Familie, andere Einflüsse und die Lebensumstände – all dies spielt auch eine Rolle.
Können Sie dies präzisieren?
Es braucht Arbeit, Fokus und Reife. Wenn die Medien beispielsweise über die Höhe meines Verdienstes debattieren, braucht es auch Gelassenheit, um auf dem richtigen Weg zu bleiben. Man geht aber auch weiter zur Schule und vollzieht weiter einen Lernprozess. Das ist eine Herausforderung. Man muss auf dem Boden bleiben, die Leute im persönlichen Umfeld respektieren, die Freunde und die Familie. Man muss manchmal ganz bescheiden bleiben.
Sie haben als eher scheue und zurückhaltende Person eine gewisse Wandlung vollziehen müssen.
Ich war immer sehr höflich. In den USA habe ich gelernt, meinen Charakter zu entwickeln. Aber das geschieht nicht von einem Tag auf den anderen. Ich will einfach Basketball spielen und mich auch durch Einflussversuche von Gegenspielern nicht aus dem Konzept und von meinem Weg abbringen lassen.
Wie muss man sich Ihren Entwicklungsprozess genau vorstellen?
Die Schweiz und danach Frankreich zu verlassen – das war nicht einfach für mich. Ich sprach kein gutes Englisch. Und dann spielte ich als schüchterner Junge auf einmal in einem Team mit James Harden und Dwight Howard, die ich vom Fernsehen her bewunderte. Es bedeutete für mich bereits eine Überwindung, nur schon mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Wir kamen aus verschiedenen Welten. Ein Junge aus Meyrin. Und ihm gegenüber die NBA-Superstars. Es brauchte eineinhalb Jahre, bis ich mich in dieser Welt zurechtfand und sie adaptierte.
Im zweiten Saisonspiel der Rockets hatten Sie die Schlägerei bei den Los Angeles Lakers am 20. Oktober von der Bank aus mitbekommen. Wie denken Sie über die Vorfälle mit den überbordenden Emotionen (Ausschlüsse von Rajon Rondo und Brandon Ingram sowie von Houstons Chris Paul, d. Red.). Oder anders gefragt: Wann sind für Sie persönlich auf dem Spielfeld die Grenzen überschritten?
Für mich ist eines klar: Selbst wenn jemand die Grenzen überschreitet, werde ich ihn niemals anspucken. Jemanden anzuspucken ist für mich die letzte Respektlosigkeit.
Sie sind enorm lernbegierig und geben sich immer selbstkritisch. Wie kommt das?
Wenn du ein Ziel in deinem Leben erreichst, versuchst du dir ein neues zu setzen. Du versuchst, dich nicht auf deinen Lorbeeren auszuruhen. Ich will weiterkommen. Die nächsten fünf Jahre sind dazu da, mich weiter zu verbessern. Warum nicht NBA-Allstar? Es ist eine grosse Herausforderung, sich Ziele zu setzen. Doch für mich ist klar, dass ich nicht stehenbleiben will. Für mich war die Unterzeichnung dieses Fünfjahresvertrages nicht genug. Ich werde mich nicht ausruhen. Man hat nie genug.
SDA