Das IOC hält weiter an den Olympia-Plänen fest. Der Rückhalt bei den Nationalen Verbänden beginnt zu bröckeln.
Für Thomas Bach, den Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, kommt eine Verschiebung oder Absage der Olympischen Spiele weiter nicht infrage. «Eine Absage wäre die am wenigsten faire Lösung. Sie würde den olympischen Traum von 11'000 Athleten aus 206 Nationalen Olympischen Komitees und dem IOC-Flüchtlingsteam zerstören», sagte der 66-jährige Deutsche am Samstag in einem Interview mit dem Südwestrundfunk SWR.
Seitens der nationalen Komitees beginnt der Rückhalt für Tokio 2020 indes zu bröckeln. Hatten am letzten Dienstag noch alle angeschlossenen nationalen Komitees den Entscheid des vorläufigen Abwartens bei einer Abstimmung gestützt, sprachen sich inzwischen unter anderem die Dachverbände von Norwegen, Slowenien und Brasilien für eine Verschiebung aus. Auch von Sportverbänden wie den US-Leichtathleten und -Schwimmern kam ein solcher Aufruf.
Schwimm-Olympiasieger Gross: «Durchführung wäre unfair»
Der dreimalige Schwimm-Olympiasieger Michael Gross etwa plädiert in einer persönlichen Botschaft an IOC-Präsident Thomas Bach eindringlich für eine Verschiebung der Sommerspiele in Tokio. «Lieber Thomas, wir beide haben zusammen den Olympia-Boykott 1980 erlitten. Für viele Athleten unser Mannschaftskollegen war der Traum von Olympia damals geplatzt – endgültig. Diesmal geht es darum, dass Du den Traum von Olympia für viele Athleten retten kannst – durch das Verschieben der Spiele auf 2021 oder 2022. JETZT 2020 wäre eine Durchführung unfair!», schreibt der 55 Jahre alte Gross bei Facebook.
Der Goldmedaillengewinner in Freistil und Schmetterling der Spiele in Los Angeles 1984 und Seoul 1988 merkt zudem an: «Viele Athleten können nicht oder schlecht trainieren, Qualifikationen können in vielen Sportarten nicht stattfinden, das globale Anti-Doping-System steht still, usw. ... Das schafft unfaire Bedingungen. JETZT die Spiele zu verschieben würde ALLEN den Druck nehmen. Jetzt ist anderes wichtiger als Olympia.» Seinen Beitrag beendete Gross mit der Aufforderung an Bach: «Überlege es Dir nochmal ...».
Die Olympischen Spiele in Tokio sollten am 24. Juli eröffnet werden und bis zum 9. August dauern. Verschiedene Viren-Experten halten eine Durchführung in diesem Sommer aufgrund der Corona-Krise für unrealistisch.