«Wie ein Eiterpickel» Der tief gefallene Ex-Rad-Star Jan Ullrich will auspacken

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30.9.2022

Der deutsche Tour-de-France-Gewinner von 1997 Jan Ullrich will in einer Doku Fehler eingestehen.
Der deutsche Tour-de-France-Gewinner von 1997 Jan Ullrich will in einer Doku Fehler eingestehen.
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Jan Ullrich war ein gefeierter Radstar, ehe er in den Dopingsumpf geriet und sich auch nach seiner Karriere etliche Eskapaden leistete. Nun will er «die Hosen runterlassen» und der Welt erzählen, «wie es wirklich war».

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Jan Ullrich hat eine umfassende Aufarbeitung seiner Vergangenheit noch einmal bekräftigt. «Es ist wie ein Eiterpickel, den man ausdrücken muss, und dann geht es erst besser», sagte der einzige deutsche Tour-de-France-Sieger im Podcast «Alle Wege führen nach Ruhm».

Über den nach seiner Karriere durch zahlreiche Eskapaden auffällig gewordenen 48-Jährigen dreht der Streamingdienst «Amazon Prime Video» gerade eine vierteilige Dokumentation, die im kommenden Jahr veröffentlicht werden soll.

Darin will Ullrich offenbar auch über Doping reden: «Da ist natürlich Ehrlichkeit und diese ganzen Sachen, wie es wirklich war. Dass man da wirklich auch die Hose runterlässt.»

«Natürlich habe ich schlaflose Nächte»

Der Gang in die Öffentlichkeit soll vorwiegend ihm selbst bei der Vergangenheitsbewältigung helfen. «Ich hätte mir das vor zwei Jahren nicht vorstellen können, dass ich das mache. Aber mein Umfeld hat mich motiviert und gesagt: Mit Deiner Art von Verarbeitung hast Du es eben nicht geschafft und bist abgedriftet in Alkohol und Drogen. Das war der falsche Weg. Versuch's doch mal so. Natürlich habe ich schlaflose Nächte», sagte Ullrich.

Zuvor habe der gebürtige Rostocker viele Aspekte seines Lebens verdrängt: «Das ging nicht. Man muss das wieder hochholen. Im Gehirn stelle ich mir das so vor: Da sind viele Räume, die abgeschlossen sind. Da muss man wieder ran.»

Die Liebe für den Radsport hat Ullrich offensichtlich an seine zwei Söhne weitergegeben. «Toni und Benno sind ihr erstes Radrennen gefahren. Sie haben eine Tageslizenz gebucht und sind in Wangen das Rad-Kriterium gefahren», sagte Ullrich. Er finde es toll, wenn Kinder ihren Bewegungsdrang ausleben. Er sei sehr stolz gewesen.

Ullrich hatte vor 25 Jahren als bislang einziger Deutscher das wichtigste Radrennen der Welt gewonnen und einen Radsport-Boom in Deutschland ausgelöst. 2006 ging die Karriere des mehrmaligen Weltmeisters abrupt zu Ende, nachdem seine Verbindung zum Dopingarzt Eufemiano Fuentes publik geworden war. Dafür wurde er auch vom Internationalen Sportgerichtshof Cas später gesperrt. Danach sorgte Ullrich auch privat für viele Negativ-Schlagzeilen.

Vor der Tour de France in diesem Sommer hatte eine ARD-Dokumentation für grosse Resonanz gesorgt. Darin war der Olympiasieger von 2000 aufgrund des Amazon-Vertrags aber selbst nicht zu Wort gekommen.

Der sportliche Höhepunkt

Ullrichs Aufstieg beginnt mit dem Höllenritt nach Andorra

Es sind bleibende Bilder, die sich am 15. Juli 1997 in der 10. Etappe der Tour de France über 252,5 Kilometer von Luchon nach Andorra-Arcalis ereignen. Ullrich führt das Feld der Favoriten im Schlussanstieg an, um das Tempo hochzuhalten. Er blickt sich immer wieder um, schliesslich hat er das wichtigste Etappenrennen der Welt als Edelhelfer von Titelverteidiger Bjarne Riis im Team Telekom in Angriff genommen. Der Däne bekundet jedoch Mühe, also zieht Ullrich unwiderstehlich davon. Die Topkletterer Marco Pantani und Richard Virenque sind chancenlos und verlieren bis ins Ziel 1:08 Minuten.

Ullrich gewinnt nicht nur die Etappe, sondern übernimmt auch mit einem Vorsprung von 2:58 Minuten auf Virenque das Gelbe Trikot. Riis, der im Vorjahr vor dem Deutschen triumphiert hat, sagt danach: «Jan befindet sich zurzeit in einer Gnadenform, es wäre schade, wenn er davon nicht profitieren würde.» Tatsächlich fährt Ullrich an dieser Tour in einer eigenen Liga. Er entscheidet drei Tage später auch das erste grosse Einzelzeitfahren deutlich für sich und holt sich als erster und bisher einziger Deutscher den Gesamtsieg in der Tour de France. Der zweitplatzierte Virenque weist im Ziel in Paris einen Rückstand von 9:09 Minuten aus, der drittklassierte Pantani verliert bereits mehr als 14 Minuten.