
Der Podiums-Eklat bei der U23-EM stürzt den ohnehin schon kriselnden Schweizer Fechtverband noch tiefer in die Krise – mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Der Schweizer Fechtverband wurde letztes Jahr von Swiss Olympic zurückgestuft und erhält deshalb weniger Unterstützungsgelder.
- Laut Präsident Max Heinzer fehlen dem Verband aufgrund dieses Entscheids in diesem Jahr rund 450'000 Franken.
- Die Suche nach Geldgebern läuft deshalb auf Hochtouren. Der neuerliche Eklat an der U23-EM dürfte die Suche erschweren. Zumal bereits Ende 2024 zwei Trainer für einen Skandal sorgten.
Die Schweizer Fechter gewinnen bei der U23-EM die Silbermedaille. Nach der sportlichen Top-Leistung zeigen sie sich bei der Siegerehrung nicht von ihrer sportlichen Seite. Während die Hymne für das Siegerteam aus Israel abgespielt wird, weigern sie sich, in Richtung der Fahne zu blicken. Die Aktion sorgt für Wirbel. Der Tenor ist klar: So etwas gehört sich nicht.
Besonders harsche Worte wählt Israels Aussenminister Gideon Saar auf X: «Schande über das Schweizer Team für sein respektloses Verhalten.» Der Verband entschuldigt sich und zeigt wenig Verständnis für das Verhalten seiner Athleten. Es folgt eine Erklärung und eine Entschuldigung der Fechter selbst.
«Wir haben unseren Gegnern nach dem Duell die Hand geschüttelt und ihnen vor und nach der Medaillenzeremonie mit viel Respekt für ihre Leistung gratuliert», schreiben lan Hauri, Jonathan Fuhrimann, Sven Vineis und Theo Brochard auf Instagram. «Während der Hymne haben wir uns nicht der Fahne des israelischen Siegerteams zugewandt. Das hatte keinen politischen Hintergrund und hatte nichts mit einer Missachtung Israels zu tun. Es handelte sich um eine persönliche Geste, entstanden aus unserer Trauer und unserer Empathie mit Blick auf das grosse menschliche Leid der Zivilbevölkerung, von dem in diesem Konflikt alle Seiten betroffen sind.»
Weiter schreiben sie: «Wir erkennen, dass unsere Handlung für Irritationen gesorgt hat und sehen, dass es ein Fehler war. Wir bitten alle um Entschuldigung, deren Gefühle wir verletzt haben – insbesondere unsere Finalgegner vom israelischen Fechtteam und den israelischen Fechtverband.»
Mögliche Folgen für den angeschlagenen Fechtverband
Dass ihre Aktion dermassen hohe Wellen schlägt, damit haben die Athleten nicht rechnen können. Kaum jemand ausserhalb der Fechtszene hätte sonst überhaupt mitbekommen, dass gerade eine U23-EM über die Bühne ging. Für den Verband könnte das nun aber schwerwiegende Folgen haben.
Denn der Fechtverband wurde letztes Jahr von Swiss Olympic aufgrund knapp verpasster Ziele und auch Fehlern auf administrativer Ebene in die Kategorie 2 zurückgestuft. Bedeutet im Endeffekt, dass es weniger Geld gibt. Präsident Max Heinzer sagt: «Dadurch fehlen uns in diesem Jahr rund 450'000 Franken.» Abstriche auf allen Ebenen sind unumgänglich.
Noch im März zeigt sich Heinzer im «Blick» zuversichtlich, dass sich die Situation bald entschärft: «Für Randsportarten wie Fechten sind ausreichende Unterstützungsgelder unabdingbar, um weiterhin mit der Weltspitze mithalten zu können. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir in der ersten Jahreshälfte geeignete Partner finden werden, um die finanziellen Lücken zu schliessen.»
Die Negativschlagzeilen könnten nun aber potenzielle Sponsoren abschrecken. Zumal der letzte Skandal noch gar nicht lange her ist. Im vergangenen Dezember fand die Teamleaderin die beiden Trainer der U20-Nationalmannschaft nach einem Wettkampf in Spanien betrunken vor dem Hotel. Das Arbeitsverhältnis mit dem Cheftrainer wurde auf dessen Wunsch hin einvernehmlich mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Der Assistenztrainer wird den Verband ebenfalls verlassen. Immerhin: Die Meldestelle für Ethikverstösse im Sport hat dem Fechtverband für seine Aufarbeitung des Falls ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt.