Am Montagabend kritisiert Ski-Ass Carlo Janka den in der Schweiz verhängten Lockdown und erklärt, wieso er einen anderen Weg eingeschlagen hätte.
«Man muss zuerst wieder ein bisschen reinkommen», sagt Carlo Janka grinsend, als er im Skypegespräch mit «SRF» auf seine erste Einheit seit Langem mit Konditionstrainer Michael Bont angesprochen wird. Muskelkater habe er allerdings noch nicht. «Die Spuren werden sich erst morgen beim Aufstehen zeigen», ist sich Janka sicher.
Der 33-Jährige meldet sich aus dem Restaurant seiner Eltern in Obersaxen, wo er für die Gäste übrigens sämtliche gewonnenen Trophäen ausgestellt hat. «Alles, was Pokal, Medaillen und Preise anbelangt, wandert direkt hierher ins Restaurant. Damit die anderen Leute das ebenfalls anschauen können und damit ich zu Hause mehr Platz habe», erklärt Janka.
Aufgrund der Corona-Krise bleibt das Restaurant in jüngster Vergangenheit allerdings geschlossen – wie jedes andere auch. «In den Bergregionen ist es noch nicht so schlimm, weil die Saison hier sowieso zu Ende ist, also eine Art Zwischensaison», glaubt Janka. Das gelte aber längst nicht für alle Gastronomen, die es teilweise enorm hart treffe. «Für diejenigen bricht eine grosse Welt zusammen. Und für diejenigen tut es einem leid.»
«Es gab Länder, die es anders gemacht haben»
Der «Iceman» zweifelt den rigoros verhängten Lockdown des Bundesrats in der Schweiz an. «Die Situation jetzt hat viele Aspekte, die nicht ideal sind und die ich anders gelöst hätte. Aber man muss die Sachen so hinnehmen, wie sie sind, weil man es eh nicht ändern kann.» Es seien zwar andere Leute, die in dieser Krise die Entscheidungen treffen müssen, aber Janka macht klar: «Überall bin ich da nicht einverstanden.»
Für den Riesenslalom-Olympiasieger von Vancouver 2010 hätte es noch andere Möglichkeiten oder Wege gegeben. «Es gab Länder, die es anders gemacht haben und es kam nicht viel schlechter oder sogar besser heraus. Allerdings war da der Kollateralschaden weniger gross. Das wäre für mich eher der Weg gewesen, als der, den man jetzt gegangen ist. Aber wie gesagt: Es sind andere, die das entscheiden müssen.»
Der Obersaxer schielt dabei beispielsweise nach Schweden, wo die Regierung vergleichsweise lockere Massnahmen ergriff. «Es gab ja auch dementsprechend genug Experten in diesem Gebiet, die sich einig sind. Diesen hat man vielleicht etwas zu wenig Beachtung gegeben», kritisiert Janka und führt aus: «Es wäre interessant zu wissen, wie es rausgekommen wäre, wenn wir es so gemacht hätten. Das werden wir aber nie erfahren.»
Ein Mann der klaren Worte
Einmal mehr nimmt Janka damit kein Blatt vor den Mund. Er sagt, was er denkt – und nicht, was die grosse Mehrheit der Zuschauer hören will. Anfang 2019 beklagt er sich über fehlenden Zusammenhalt im Schweizer Team und erst im Februar macht Janka deutlich, dass er nicht viel mit dem Schweizer Sieg in der alpinen Nationenwertung anfangen kann.
Die Bereitschaft, sich zu positionieren, ist bei Janka aber nicht seit jeher vorhanden. «Da ging schon was in dieser Richtung. Ich musste das auch lernen», erklärt er darauf angesprochen. Es brauche eine gewisse Reife und einen Prozess. «Vielleicht hätte ich es schon früher machen sollen – aber ich finde es richtig, dass man dazu steht, wenn man eine Meinung hat.»