Leichtathletik Joseph will in München zum Befreiungsschlag ausholen

hle, sda

17.8.2022 - 04:01

Jason Joseph mit frustriertem Blick nach dem WM-Out in Eugene. In München nun soll alles anders werden.
Jason Joseph mit frustriertem Blick nach dem WM-Out in Eugene. In München nun soll alles anders werden.
Keystone

Jason Joseph droht der Grossanlass-Komplex. Die Olympischen Spiele in Tokio und insbesondere zuletzt die WM in Eugene enden im Debakel. Nun will der 23-Jährige am Mittwoch die Trendwende schaffen.

Europameister ist er eigentlich schon. 2017 in der U20- und 2019 in der U23-Kategorie gab es kein Vorbeikommen am Basler mit karibischen Wurzeln. Und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis er über 110 m Hürden auch bei den Grossen zuschlägt. Den Schweizer Rekord senkte er bereits auf 13,12 Sekunden. Das Potenzial, dereinst die 13-Sekunden-Schallmauer zu knacken, spricht ihm niemand ab.

Aber eben. An Titelkämpfen bei der Elite klappte es bisher noch überhaupt nicht. Vor einem Monat an der WM in Eugene stand der Modellathlet wie ein Häufchen Elend da. 13,67 (!) Sekunden in einem WM-Halbfinal.

«Keine Ahnung was los war. Vom ersten Schritt an passiert nichts. Es wäre alles da, was ich brauche. Ich weiss nicht, was ich da draussen gemacht habe», stammelte er ins Mikrophon. Und im Interview mit SRF übte er harsche Selbstkritik: «Keine Nerven, fehlende Erfahrung auf diesem Niveau oder schlicht zu schwach im Kopf für diese Bühne – ich weiss es nicht.»

Nach der WM 2019 in Doha und den Olympischen Spielen 2021 in Tokio hatte er vor einem Monat zum dritten Mal in Serie an einem Grossanlass in den Halbfinals einen schwächeren Auftritt gezeigt, samt Abwärtstrend – Eugene war der schwächste von allen.

Das Hürdenkorsett verzeiht keine Fehler

Der Hürdensprint ist eine technisch äusserst komplexe Disziplin. Die Kraft und der Speed muss in das Hürdenkorsett gezwängt werden. Nur wer technisch sauber läuft, der ist auch wirklich schnell. So wie es Joseph selber vergangene Woche in Langenthal wieder vorgemacht hat. Dem Basler gelang ein Lauf wie aus einem Guss: Flüssig, ohne das Touchieren einer einzigen Hürde, mit perfektem Rhythmus.

Leider war die Zeitmessung defekt, die Zeitnehmer mussten per Hand auslösen, der Wert von 13,05 Sekunden wird deshalb nicht homologiert werden – er dürfte elektronisch gestoppt auch etwas höher ausgefallen sein. Egal. Joseph tankte zum bestmöglichen Moment Moral. Der Auftritt musste sich zumindest wie ein Rekordlauf angefühlt haben.

Hohe Erwartungen an sich selbst

«Meine Werte sind so gut wie noch nie», hatte der Basler bereits an den diesjährigen Schweizer Meisterschaften in Zürich unmittelbar vor Eugene gesagt. «Sauberes Laufen ist gefragt. Das bringt die Steigerung», hielt er fest. «Ich erwarte von mir, dass ich in dieser Saison den Schweizer Rekord weiter senken werde», betonte der Sprinter des LC Therwil, der im Winterhalbjahr im Trainingscamp in den USA erneut an Kraft und Schnelligkeit zugelegt, wegen einer Corona-Infektion die Hallen-WM jedoch verpasst hatte.

Belgrad und Eugene gilt es abzuhaken. Der ideale Zeitpunkt, um den Grossanlass-Frust von der Seele zu vertreiben, ist nur der EM-Final am Mittwochabend in München.

hle, sda