Marc Hirschi ist einer von vier Schweizer Fahrern an der 109. Tour de France – und in den drei Wochen vor allem als Helfer für seinen Team-Captain, den Titelverteidiger Tadej Pogacar, eingespannt.
Der 23-jährige Berner Marc Hirschi hat eigentlich nicht mehr mit einer Teilnahme gerechnet, nachdem er während der Tour de Suisse am Coronavirus erkrankt war. Doch als zwei Tage vor dem Tour-Start sein Teamkollege Matteo Trentin positiv getestet wurde, rückte der WM-Dritte von 2020 doch noch ins Aufgebot von UAE Emirates nach.
Nun, zwei Jahre nachdem er bei seinem Grand-Tour-Debüt in Frankreich mit einem Etappensieg überzeugt und zudem die Auszeichnung des kämpferischsten Fahrers der Rundfahrt erhalten hatte, soll Hirschi mithelfen, Tadej Pogacar zum dritten Tour-Triumph nach 2020 und 2021 zu führen. Nach einem Sturz im Finale der 2. Etappe verspürt der Schweizer allerdings starke Knieschmerzen. Doch er werde «auf die Zähne beissen», so Hirschi.
Im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA nimmt Hirschi Stellung zu seinem verspäteten Tour-Aufgebot, seinem Formstand und seiner Rolle im Team des Titelverteidigers.
Marc Hirschi, Sie sind letztlich überraschend doch noch zum Tour-Aufgebot gekommen. Wie froh sind Sie darüber?
«Ich freue mich sehr, dass ich hier bin. Letztlich ging alles ziemlich schnell. Ich bin erst am Abend vor dem Tour-Start in Kopenhagen angereist. Dass es danach gleich mit einem Zeitfahren losging, war für mich optimal. Es war das perfekte Warm-up für die nachfolgenden Tage.»
Ihr Team wollte Sie ursprünglich nicht zur Tour de France mitnehmen, aus Vorsicht, weil die Ärzte befürchtet hatten, dass eine Teilnahme Ihnen nach der Corona-Infektion nachhaltig schaden könnte, weil die Belastung zu gross ist. Jetzt sind Sie plötzlich doch dabei. Wie erklären Sie sich das?
«Eigentlich wollte das Team am Samstag (vor der Tour – Red.) einen Entscheid treffen, dann haben sie es herausgezögert bis Sonntag. Zu diesem Zeitpunkt waren meine Blutwerte noch nicht gut genug. Ich verstehe, dass das Team kein Risiko eingehen wollte, einerseits wegen meiner Gesundheit, andererseits aber auch, weil sie nicht wussten, ob ich bis zum Tour-Start richtig fit werde. Nach dem Ausfall von Matteo (Trentin – Red.) habe ich am Mittwoch nochmals einen Test gemacht. Dann waren die Blutwerte gut und das Team hat mir grünes Licht gegeben. Sie stuften das Risiko als minim ein.»
Sie waren bis zu Ihrem Ausstieg an der Tour de Suisse gut in Form. Haben Sie diese konservieren können?
«Das ist schwierig zu sagen. Ich habe zwei Wochen lang fast nichts gemacht. Seit meinem Ausstieg aus der Tour de Suisse habe ich nur ein Training absolviert. Natürlich hoffe ich, dass ich nicht zu viel von meiner Form eingebüsst habe. Die Erfahrungen zeigen, dass nicht jeder Fahrer die Covid-Erkrankung gleich gut wegsteckt. Ich war fünf Tage lang krank, aber jetzt ist alles wieder gut.»
Und Tadej Pogacar scheint auch in Form zu sein.
«Ja. Für uns war es ein perfekter Start. In den nächsten Tagen geht es vor allem darum, dass wir ihn so gut als möglich schützen. In der ersten Woche kannst du die Tour de France nicht gewinnen, aber du kannst sie verlieren. Es ist wichtig, dass er in keine Stürze verwickelt ist und wir ihm helfen können, falls er Defekt hat.»
Wie sieht Ihre Rolle aus in den nächsten drei Wochen? Geniessen Sie gewisse Freiheiten?
«Prinzipiell nicht. Es kann sein, dass es sich aus taktischen Gründen ergibt, dass ich in eine Spitzengruppe gehe. Grundsätzlich ist aber alles auf Tadej ausgerichtet, da ist kein Spielraum für irgendeinen Fahrer bei uns im Team.»
Am Samstag kommt die Tour de France in die Schweiz. Das Etappenfinale in Lausanne ist mit einer steilen Rampen wie geschaffen für einen Puncheur wie Sie...
«Generell wird es darum gehen, dass Tadej keine Zeit verliert. Aber für mich ist es ein grosses Highlight, dass die Tour de France in die Schweiz kommt. Das habe ich noch nie erlebt. Darauf freue ich mich.»