Interview Küng: «Ich muss wohl noch leichter werden»

SDA

26.9.2018 - 09:13

Durfte sich zum Tour-de-Suisse-Auftakt in Frauenfeld ins Gelbe Trikot einkleiden lassen: Stefan Küng
Durfte sich zum Tour-de-Suisse-Auftakt in Frauenfeld ins Gelbe Trikot einkleiden lassen: Stefan Küng
Source: Getty

Der Thurgauer Stefan Küng (24) spricht im Interview über die zu Ende gehende Saison, seinen Teamwechsel zu Groupama-FDJ, seine künftige Rolle und auch darüber, dass er abnehmen müsse.

Stefan Küng, Ihr viertes Jahr als Profi geht bald zu Ende. Wie sieht Ihre leicht vorgezogene Saisonbilanz aus?

Grundsätzlich war es eine gute Saison, welche ein paar schöne Höhepunkte beinhaltete. Ein positiver Punkt war sicher, dass ich mich in den Zeitfahren unter den Besten etablieren konnte. Nicht mancher Profi hat heuer wie ich zwei oder mehr World-Tour-Zeitfahren gewinnen können. Aber das absolute Highlight war die Tour de Suisse, die Tage in Gelb in meiner Heimat und auch mein erster Etappensieg an der Rundfahrt.

Rückschläge...

... gab es auch, und zwar war der grösste der Kieferbruch bei Paris - Roubaix.

Ausser, dass Sie wohl gerne einmal eine ganze Saison ohne Verletzung bestreiten würden, was gilt es für 2019 zu ändern?

Heuer wurde mir so richtig bewusst, dass ich künftig die Vorbereitung auf die Frühlings-Klassiker anders gestalten muss. Wir bei BMC haben in den Trainingslagern im Dezember und Januar zu stark forciert und waren deshalb zu früh in Form. Als es dann wirklich zählte, war die Form eher schon wieder abnehmend.

Sie begeben sich für kommende Saison sowieso auf unbekanntes, oder zumindest neues Terrain, indem Sie BMC verlassen und künftig beim französischen Team Groupama-FDJ unter Vertrag stehen.

Das wird ein grosser Wechsel, dem ich jedoch sehr positiv und erwartungsfroh entgegenblicke. Obwohl diese Saison noch nicht ganz vorbei ist, freue ich mich schon jetzt enorm auf die Herausforderung, Rennen in einem neuen Umfeld zu gewinnen.

Sie sprachen zuvor von der Tour de Suisse als absolutem Highlight. Kommt in der Rückschau auf die Landesrundfahrt nicht auch ein bisschen bedauern auf?

Weshalb?

Weil Sie in einem anderen Team vielleicht sogar hätten gewinnen können - oder zumindest aufs Gesamtpodest fahren, wenn BMC nicht auf Richie Porte als Leader gesetzt hätte.

Natürlich ging mir das 'Was-wäre-Wenn' auch kurz durch den Kopf. Doch letztlich ist das extrem hypothetisch. Man kann die Sache ja auch umdrehen und sagen: Wenn ich nicht bei BMC gewesen wäre, dann hätte ich gar nicht das Gelbe Trikot getragen, weil ich mit einem anderen Team das Mannschaftszeitfahren gar nicht gewonnen hätte. Fakt ist, die Tour de Suisse hat grossen Spass gemacht.

Sie sind ein starker Zeitfahrer und Roller. Ein Fahrer-Typ, der eher weniger Gelegenheit zum Brillieren erhält als noch vor einem Jahrzehnt.

Tatsächlich bin ich mir am Überlegen, inwieweit ich mich physisch an die aktuellen Gegebenheiten des Radsports anpassen muss. Wenn ich sehe, dass der Prolog beim nächstjährigen Giro fast einem Bergzeitfahren gleicht und auch das lange Zeitfahren ein solches sein wird, dann frage ich mich schon, ob das Ziel der Veranstalter ist, den klassischen 'Rouleur' auszurotten. Was bleibt noch für Fahrer wie mich, der aufgrund der Körperkonstitution halt etwas grösser und schwerer als der Durchschnittsfahrer ist?

Sie haben als Folge Ihrer Kieferverletzung schon diesen Frühling ein paar Kilo abgenommen. Nun wollen Sie noch leichter werden?

Ich muss wohl. Aber es ist ein schmaler Grat, schliesslich bin ich ja überhaupt nicht übergewichtig. Auch ist es etwas, dass man nicht von heute auf morgen ändern kann.

Gewichtsverlust bedeutet bei Ihnen auch Muskelverlust. Haben Sie keine Bedenken, dass Sie gewisse Stärken einbüssen?

Wie gesagt: Es ist wirklich eine Gratwanderung. In den kürzeren Zeitfahren von 10 bis 15 Kilometern bin ich absolute Weltklasse. Eine solche Fähigkeit, dank derer du World-Tour-Rennen gewinnen kannst, willst du sicher nicht verlieren. Prioritär ist deshalb, meine Stärken beizubehalten. Diese werden nicht geopfert, nur dass ich etwas schneller bergauf fahren kann.

Bei Groupama-FDJ erhalten Sie im Vergleich zu BMC viel mehr Freiheiten, nicht nur in den Frühjahrs-Klassikern, sondern auch bei kleineren Rundfahrten.

Ich will gar nicht zu stark vergleichen. Ich habe bei BMC, wo die Team-Philosophie pro Rennen auf einen einzigen Leader ausgerichtet war, eine sehr, sehr schöne Zeit gehabt. Aber ich bin jetzt doch schon vier Jahre Profi. Ich freue mich deshalb sehr auf die neuen Inputs, meine künftig etwas andere Rolle und die etwas andere Art, Rennen fahren zu können.

So in der Art von Silvan Dillier, dem diesjährigen Paris-Roubaix-Zweiten?

Ja. Einfach etwas versuchen und an sich zu glauben. Es gibt nicht nur einen, sondern mehrere Wege zum Erfolg. Silvan hat gezeigt, was am Tag X möglich ist. 2019 werde ich hoffentlich auch ein paar kleinere Rennen bestreiten können, in welchen dann auch eher Erfolgserlebnisse möglich sind.

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