Der Diamond-League-Final in Zürich bietet beste Unterhaltung auf und neben der Bahn. Noah Lyles überzeugt auf mehreren Bühnen. Sportlich drückte Karsten Warholm dem Meeting den Stempel auf.
Showmaker Noah Lyles bot in Zürich genau das, was sich die Organisatoren und der Leichtathletikverband IAAF vom 22-Jährigen erhofft hatten. Bereits bei seiner Vorstellung – der amerikanische Shootingstar wurde gemeinsam mit den Aushängeschildern des Diamond-League-Finals im Auto durchs Letzigrund-Stadion gefahren – zeigte Lyles seine Fähigkeiten als Alleinunterhalter. Dass sein Name aber nicht nur für Show, sondern auch für Leistung steht, bewies Lyles rund eine Stunde nach der Vorstellung im Rennen über 100 m. Nach verhaltenem Start blieb er bei leichtem Gegenwind als einziger Sprinter unter 10 Sekunden und sicherte sich den Sieg in 9,98 Sekunden vor dem Chinesen Zhenye Xie und Yohan Blake aus Jamaika.
Lyles' derzeitiger Wert für die Leichtathletik ist nur schwer zu beziffern. Der junge Amerikaner sorgt in den Sprintdisziplinen bislang durchwegs für Positivschlagzeilen, während seine Konkurrenten oft kritisch beäugt werden; etwa der Jamaikaner Blake, oder Weltmeister und Altstar Justin Gatlin (4.). Beide wurden in der Vergangenheit des Dopings überführt und sind darum nicht mehr an allen Meetings gleich gerne gesehen. Weiter gestiegen ist Lyles' Marktwert auch, weil zuletzt mit Christian Coleman der schnellste Mann des Jahres in den Doping-Dunstkreis geraten ist. Dem 23-Jährigen droht wegen verpasster Dopingtests eine längere Sperre, in Zürich stand Coleman nicht am Start.
Lyles peppt das Image der Sprinter auf, ohne negativ aufzufallen. In Zürich tat er es sportlich, und er tat es als Entertainer: Im Anschluss an die sportlichen Wettkämpfe trat der Amerikaner an der Seite von Stabhochspringerin Sandi Morris und der Schweizer Band Baba Shrimps als Sänger auf.
Vom sportlichen Aspekt her traten andere Athleten in Zürich allerdings noch mehr in Erscheinung als Lyles. Allen voran der Norweger Karsten Warholm. Der 23-Jährige absolvierte die 400 m Hürden der Männer so schnell wie noch keiner in diesem Jahr und lieferte in 46,92 Sekunden sowohl einen Meeting- wie einen Europa-Rekord. Warholm lief 18 Hundertstel schneller als der Sambier Samuel Matete, der 1991 in 47,10 gesiegt hatte.
Eine Jahresweltbestleistung lieferte auch Shaunea Miller-Uibo, die 2019 weiterhin ungeschlagen bleibt. In Zürich widerstand die 25-Jährige aus Bahrain über 200 m einem exklusiven Feld nicht nur, sie deklassierte es. In 21,74 Sekunden absolvierte Miller-Uibo die 200 m in Zürich bei leichtem Gegenwind (0,4 m/s). Mit einem Rückstand von 34 Hundertstel sicherte sich die britische Europameisterin von 2016, Dina Asher-Smith, den 2. Rang, Olympiasiegerin Elaine Thompson wurde Dritte.
Auch der kubanische Weitspringer Juan Miguel Echevarria und Kugelstösserin Lijiao Gong (20,31 m) aus China machten mit Jahresbestwerten auf sich aufmerksam. Echevarria sorgte dabei mit seinem ersten Versuch sogleich für die klare Zäsur. An seine 8,65 m aus dem ersten Versuch kam die Konkurrenz nicht annähernd heran. Ruswal Samaai aus Südafrika blieb als Zweiter 45 Zentimeter hinter Echevarria zurück.
Bereits um 19:21 Uhr war mit Dreispringerin Shanieka Ricketts die erste Diamond-League-Siegerin 2019 zu ihrer Ehrenrunde gestartet. In die Nationalflagge ihres Heimatlandes Jamaika gehüllt, wollte sie sich dem Publikum im Letzigrund präsentieren, als der 27-Jährigen nach halber Bahnrunde der IAAF-Präsident Sebastian Coe in die Quere kam, der dem Schweizer Fernsehen ein Interview gab. Ricketts bremste ab, liess sich von Coe und den Kameras dann allerdings genauso wenig aufhalten, wie zuvor im Wettkampf von der Venezolanerin Yulimar Rojas.
Diese, die Nummer 1 der Welt in Dreisprung der Frauen, hatte mit dem letzten Sprung auf 14,74 m im Duell mit Ricketts nochmals vorlegen können, und damit eine heftige Reaktion der Jamaikanerin provoziert. Mit 14,93 m sprang Ricketts zu einem persönlichen Bestwert – nur Rojas sprang in diesem Jahr schon weiter (15,11).