Klartext Schmid: «Man zeigt gerne mit dem Finger auf die Fussballer»

lbe

15.5.2020

Für Handballer Andy Schmid ist die Saison längst gelaufen.
Für Handballer Andy Schmid ist die Saison längst gelaufen.
Bild: Keystone

Obwohl Andy Schmid direkt von der Coronakrise betroffen ist, sieht er die Wiederaufnahme der Fussball-Bundesliga positiv. Die Bedeutung des Sports in Zeiten wie diesen ist für ihn nicht hoch genug einzuschätzen.

Seit Mitte April und dem Abbruch der deutschen Handball-Meisterschaft ist für Andy Schmid die Saison vorzeitig gelaufen. Insbesondere die Rhein-Neckar Löwen, welche der Schweizer seit Jahren als Captain anführt, trifft die Coronakrise hart. «Wir hatten über zehn positive Coronafälle in unserem Team», erklärt Schmid gegenüber «Watson». Auch der Schweizer steckt sich mit dem Virus an, realisiert das aber erst im Nachhinein.

Als er vor rund drei Wochen einen Antikörpertest machen kann, resultiert ein positiver Befund. «Da erinnerte ich mich daran, dass ich mich mal zwei Tage lang nicht so gut gefühlt, trotzdem aber noch eine Partie mit fieberhemmenden Mitteln gespielt habe», erzählt Schmid. Wie bei ihm, sei die Krankheit auch bei den anderen betroffenen Teammitgliedern harmlos verlaufen, weshalb der Schweizer «nie wirklich Angst» gehabt habe.

«Im Nachhinein ist man immer schlauer»

Schmid kann die einschränkenden Massnahmen, welche die Risikogruppe schützen sollen, zwar nachvollziehen. Aber: «Heute frage ich mich manchmal schon: Sind wir bei den Massnahmen nicht etwas übers Ziel hinausgeschossen? Ehrlich gesagt ist man im Nachhinein immer schlauer.»

Aus Sicht des neunfachen Schweizer Handballer des Jahres hätte man einige Lockerungen zu einem früheren Zeitpunkt ansetzen können. Die Bilder aus Italien oder Spanien seien unbestritten beängstigend gewesen. «Aber man soll nicht immer mit anderen Ländern vergleichen. Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz herrschen andere Lebensumstände, das Gesundheitssystem ist sicherlich besser», erklärt Schmid seinen Standpunkt.



So sieht er auch den Neustart in der Fussball-Bundesliga am Samstag durchwegs positiv: «Man zeigt gerne und schnell mit dem Finger auf die Fussballer und kritisiert sie, weil sie reich und privilegiert sind. Der Fussball ist nun mal die grösste Sportart in Europa. Weil dieser Sport so gross ist, finde ich es enorm wichtig, dass wieder gespielt wird». So signalisiere man der Bevölkerung, dass ein Stück Normalität zurückkehrt.

Die wichtige Rolle des Sports

Für den 36-Jährigen ist der Stellenwert des Sports in Zeiten wie diesen nicht hoch genug einzuschätzen. «Die Bedeutung des Sports ist für mich unbestritten. Leider sehen das viele Politiker anders und behandeln den Sport sekundär», sagt Schmid und fügt an: «Es geht nicht nur um den Spitzensport. Denn ohne Breite keine Spitze. Und ohne Spitze keine Breite. Wenn ich nach einem Spiel 200 Autogramme schreibe, sind 180 für Kinder. Diese 180 Kinder brauchen ihre Idole. Wenn die Idole verschwinden, bricht bei vielen Kindern ein grosser Teil des Antriebs weg.»

Als Kind habe der Sport für Schmid selbst beinahe einen höheren Stellenwert gehabt als die Schule. Deshalb müsse es weitergehen. «Wir können doch nicht die nächsten Monate voller Angst zuhause rumsitzen und warten, bis es einen Impfstoff gibt. Vielleicht wird es nie einen geben. Wir müssen lernen, mit Corona zu leben.»


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