Die Schweizer Delegation reist mit Medaillen-Ambitionen an die Hallen-EM in Torun. In Polen findet am Wochenende das erste grosse Kräftemessen in der Leichtathletik seit der WM 2019 in Doha statt.
Nach einer Flaute von mehr als einem Jahrzehnt gelang der Schweizer Delegation in jüngerer Vergangenheit auch in der Halle immer wieder ein Exploit. 2015 und 2017 lief Selina Rutz-Büchel über 800 m zu EM-Gold, 2018 gewann Mujinga Kambundji im Sprint sogar WM-Bronze und 2019 war Lea Sprunger über 400 m die EM-Schnellste. Selina Rutz-Büchel und Lea Sprunger gehen auch in Torun an den Start, doch die Ost- und die Westschweizerin zählen diesmal nicht zu den stärksten Trümpfen von Swiss Athletics. Im Fokus stehen die Sprinterin Ajla Del Ponte und der Mehrkämpfer Simon Ehammer.
Ajla Del Ponte begann das Jahr 2021 dort, wo sie vergangenen Sommer aufgehört hatte. Die Frau aus dem Tessin überzeugt mit konstant starken Zeiten. Ihren Bestwert über die 60 m senkte sie in den letzten Wochen auf 7,14 Sekunden. Von ihren Gegnerinnen ist heuer einzig die Deutsche Amelie-Sophie Lederer noch zwei Hundertstel schneller gelaufen. Die Polin Ewa Swoboda ist wegen einem positiven Corona-Test nicht am Start.
Mujinga Kambundji hatte bereits im Dezember ihren Verzicht auf die Hallensaison erklärt. Die Bernerin erlitt im Training nach einem Misstritt eine Mittelfussfraktur. Kurzfristig musste hingegen der Schweizer Rekordhalter bei den Männern absagen. Den Basler Silvan Wicki plagen Beschwerden in der Kniekehle.
Moser vor dem Coup?
Für den jungen Mehrkämpfer Simon Ehammer präsentiert sich die Ausgangslage vielversprechend. Der Appenzeller lag an der Mehrkampf-SM Anfang Februar in Magglingen im Siebenkampf nach mehreren persönlichen Bestleistungen auf Kurs für ein Total weit jenseits der 6000-Punkte-Marke, ein Nuller im Stabhochsprung stoppte den Höhenflug jedoch abrupt. Eine Woche später zeigte Ehammer in Frankfurt eine starke Reaktion und realisierte mit 6092 Punkten einen Schweizer Rekord. Das Potenzial des 21-Jährigen liegt aber bei rund 6300 Zählern. Dieser Wert macht ihn zum Medaillenkandidaten.
Die Titelverteidigerin Lea Sprunger figuriert gerade noch in den Top Ten der Meldeliste. Nachdem sie nach der Hallen-SM eine leichte Muskelverhärtung auskurieren musste, wird die 30-jährige Waadtländerin in Torun ein Rennen nach dem anderen nehmen. Ihre grosse Erfahrung und die Fähigkeit, sich innerhalb einer Meisterschaft zu steigern, kann ihr auf dem Weg in Richtung Final zugutekommen.
Möglicherweise gelingt Angelica Moser ein Coup. Vor zwei Jahren in Glasgow überquerte die Zürcherin 4,65 m, was ihr den 4. Rang eintrug. Die 23-Jährige nimmt schon seit einiger Zeit an der Höhe von 4,70 m Mass. Sofern sie diesen nächsten Schritt beim Titelkampf schafft, müssen zuerst drei Athletinnen besser sein.
Swiss Athletics stellt ein Team von 23 Athletinnen und Athleten – obwohl Aushängeschilder wie Kambundji, Wicki oder Jason Joseph fehlen. Ein Dutzend tritt erstmals an Hallen-EM an, deren 9 sind noch keine 23 Jahre alt. Die Perspektiven sind für die Schweizer Leichtathletik also auch mittel- und langfristig gut.