«Martin und Simon, fahrt zur Hölle» Ukrainischer Biathlet erhebt von der Front aus schwere Vorwürfe gegen die Fourcade-Brüder

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4.4.2022

Dmytro Pidruchnyi stand an den Olympischen Spielen in Peking noch als Biathlet im Einsatz und rückte kurz später in die Armee ein, um sein Land zu verteidigen.
Dmytro Pidruchnyi stand an den Olympischen Spielen in Peking noch als Biathlet im Einsatz und rückte kurz später in die Armee ein, um sein Land zu verteidigen.
Bild: Getty Images

Dmytro Pidruchnyi kämpft in der Ukraine als Soldat für sein Land. Der Biathlon-Star empört sich über ein Interview von Simon Fourcade und richtet auch an Legende Martin Fourcade deutliche Worte. Diese wehren sich.

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Pidruchnyi ist stocksauer über ein Interview des Franzosen Simon Fourcade mit der russischen Plattform Match TV. «Der Ausschluss der Russen ist ein grosser Fehler, weil er meiner Meinung nach nichts ändert», sagte der ältere Bruder der Biathlon-Legende Martin Fourcade dort. 

Zuvor hatte der aktuelle Cheftrainer der französischen Junioren-Nationalmannschaft, der als aktiver Biathlet stets im Schatten seines Bruders stand, aber ebenfalls einige Erfolge feiern konnte, bei der Junioren-WM in Soldier Hollow (USA) bereits für einen Skandal gesorgt.

Simon Fourcade hatte gegen das Flaggenverbot gegen Russland protestiert, indem er eine Frankreich-Flagge passend zerschnitt und sie an die Wachskabine der russischen Delegation klebte. «Es war kein politischer Akt, es war ein menschlicher Akt», erklärte Fourcade seine seltsame Aktion bei Match TV. «Ich habe die Enttäuschung in den Augen der russischen Trainer und Betreuer gesehen. Ich habe die Tränen in den Augen der russischen Athleten gesehen. Das darf nicht passieren.»

Dieser Aktivismus seines einstigen Mitstreiters war für den im Krieg für die Ukraine kämpfenden Pidruchnyi ein Schock. Auf Instagram hat er seiner Wut freien Lauf gelassen: «Das Interview von Simon Fourcade mit russischen Journalisten hat mich empört», startete der 30-jährige Weltmeister aus dem Jahr 2019 in der Verfolgung seinen Post.

Und wurde danach in seiner Wortwahl noch deutlicher und auch emotional: «Martin und Simon, fahrt zur Hölle. Ich hoffe, dass eure Kinder niemals den Schmerz spüren werden, den ukrainische Kinder erfahren haben. Kinder, die ihre Häuser verlassen haben, die Explosionsgeräusche gehört haben, die gesehen haben, wie ihre Mütter vergewaltigt und ihre Angehörigen getötet wurden.»

Doch nicht nur Simon Fourcade bekam Pidruchnyis masslosen Ärger und seine riesige Enttäuschung zu spüren, sondern auch der grosse Martin Fourcade, der als fünffacher Olympiasieger und 13-facher Weltmeister zu den grössten Biathleten aller Zeiten gehört. «Es tut mir leid, dass ich in der NOC-Kommission für Martin gestimmt habe und dass sich so grossartige Athleten als beschissene Leute herausgestellt haben», schrieb Pidruchnyi mit aller Deutlichkeit.

Martin Fourcade, der seine Karriere vor zwei Jahren beendet hat, wurde an den Olympischen Spielen in Peking in die Athletenkommission des IOC gewählt und setzte sich dabei unter anderem gegen die frühere Eishockey-Goaliefrau und SCB-Sportchefin Florence Schelling durch. Pidruchnyi stand in Peking als Aktiver im Einsatz, rückte aber wenige Tage nach den Winterspielen in die ukrainische Armee ein, um sein Land zu verteidigen. 

Martin Fourcade hat inzwischen, ebenfalls auf Instagram, mit Vehemenz auf die Vorwürfe von Pidruchnyi reagiert, sich dabei aber indirekt auch von seinem Bruder distanziert: «Ich verstehe deine Wut und deine Traurigkeit, aber das gibt dir nicht das Recht, jemanden zu beleidigen, weil du nicht mit dem einverstanden bist, was sein Bruder gesagt hat! Falls du es nicht bemerkt hast, mein Name ist Martin und ich habe in letzter Zeit kein Interview gegeben.»

Der französische Superstar weiter: «Es ist nicht meine Gewohnheit, auf private Angriffe in sozialen Netzwerken zu reagieren. Aber ich bin es leid, beleidigt zu werden. Deine Traurigkeit darf dir nicht alles erlauben. Nur weil du nicht öffentlich sprichst, heisst das nicht, dass du nichts tust.» Dabei betonte der 33-Jährige, dass er die Angriffe auf die Ukraine natürlich bedaure.

Auch der nun von vielen Seiten in der Kritik stehende Simon Fourcade äusserte sich in den sozialen Medien, nachdem er viele Hasskommentare erhalten hat: «Ich unterstütze keinen Krieg und ich unterstütze keine russische Regierung!» Zugleich bleibe er dabei, dass der Ausschluss der russischen Sportler «völlig kontraproduktiv und eine grosse Heuchelei» sei. Und er stellte in diesem Zusammenhang die Frage, wo denn die Sportverbände gewesen seien, als Syrien vom gleichen Regime bombardiert wurde oder während der Olympischen Spiele in China, wo die Regierung die Uiguren unterdrückt.