Urteil in Belgien Blaufahrer freigesprochen – er leidet am Eigenbrauer-Syndrom

phi

23.4.2024

Eine Alkoholkontrolle der belgischen Polizei in Brüssel im September 2018: Das Eigenbrauer-Syndrom ist so selten, dass es als Ausrede im Alltag nichts taugt.
Eine Alkoholkontrolle der belgischen Polizei in Brüssel im September 2018: Das Eigenbrauer-Syndrom ist so selten, dass es als Ausrede im Alltag nichts taugt.
Bild: Imago/Reporters

Die belgische Polizei erwischt einen Mann, der auch noch in einer Brauerei arbeitet, zweimal blau am Steuer. Nun wurde der Lenker freigesprochen, obwohl er zwei Promille im Blut hatte: Er leidet an einem extrem seltenen Syndrom.

phi

23.4.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • 2020 und 2022 wird ein Belgier zweimal mit Alkohol im Blut hinter dem Steuer erwischt.
  • Beim Prozessauftakt erzählt der Lenker dem skeptischen Richter, er habe nichts getrunken: Sein Körper habe den Alkohol selbst produziert.
  • Nun erfolgte der Freispruch, weil der Angeklagte tatsächlich an einem extrem seltenen Syndrom leidet.
  • Beim Eigenbrauer-Syndrom hat ein Betroffener zu viele Hefepilze im Darm, die durch Fermentierung Alkohol produzieren.

Der Belgier ist der Polizei schon mehrfach ins Netz gegangen: Im Jahr 2020 wird der Mann erstmals wegen Alkohol am Steuer verurteilt. 2022 wird er mit zwei Promille im Blut hinter dem Lenkrad erwischt. Am 27. Februar 2023 beginnt deshalb in Brügge ein Prozess – der am 22. April 2024 trotz des hohen Blutalkohols mit einem Freispruch endet.

Der Grund ist kurios: Der Blaufahrer hat ein extrem seltenes Syndrom. Er leidet am Eigenbrauer-Syndrom, das weltweit nur einige Menschen betrifft – und gerade deshalb so schwer zu erkennen ist. Dabei vermehren sich Hefepilze im Darm so stark, dass sie den Prozess der alkoholischen Gärung in Gang setzen, der Betroffene betrunken macht. 

Zu Prozessbeginn sagt der damals 38-Jährige vor dem Gericht in Brügge: «Ich habe nichts getrunken, mein Körper produziert den Alkohol selbst.» Der Richter hat darauf skeptisch reagiert, hält die «Brussels Times» damals fest. Weil sich der Lenker das Ganze nicht erklären konnte, habe er seinen Arzt aufgesucht. Ein Facharzt kam dann der Sache auf den Grund.

«Ich bekomme davon nichts mit»

«Der Spezialist sagte, er kenne nur einen anderen solchen Patienten», erklärte der Mann dem Richter. Es sei dabei nicht so, dass er sich selbst betrunken fühlte oder gar lalle. «Ich bekomme davon nichts mit.» Nun unterziehe er sich einer besonderen Diät, bei der er Kohlenhydrate und spezielle Zucker vermeiden müsse, um die Fermentierung in seinem Darm zu stoppen.

Während ein Experte für Hefepilze diese Darstellung vor Gericht anzweifelte, verteidigte Anwältin Anse Ghaesquiere ihren Mandanten: Der habe von seinem Zustand eben nichts gewusst. Bei einem ähnlichen Fall in den Niederlanden sei der Angeklagte freigesprochen worden, sagte sie beim Prozessauftakt.

Nun wurde der Lenker endlich freigesprochen, der pikanterweise auch noch bei einer Brauerei arbeitet, wie Anwältin Ghesquiere «Reuters» nun verriet. Der Richter begründete sein Urteil neben dem Syndrom mit der Tatsache, dass sich der Mann trotz zwei Promille nicht betrunken gefühlt habe.