Übliche Kritik «FIFA 21» ist da: «Kein Geld für eine solche Abzocke!»

Von Martin Abgottspon

6.10.2020

Pay-2-Win ist nach wie vor einer der grössten Kritikpunkte an «FIFA».
Pay-2-Win ist nach wie vor einer der grössten Kritikpunkte an «FIFA».
Electronic Arts

Die Vorbesteller des neusten «FIFA»-Ablegers können heute Dienstag mit Spielen loslegen, alle anderen müssen sich noch bis Freitag gedulden. Grosser Kritikpunkt bleibt einmal mehr das Finanzierungsmodell.

«Wie kann man jedes Jahr Hunderte von Euros für das gleiche Spiel ausgeben?»: Diese Frage eines Twitter-Users ist durchaus berechtigt. Denn wer in «FIFA» konkurrenzfähig sein will, muss früher oder später zum Portemonnaie greifen, um zumindest ein paar Spieler für sein FUT-Team zu ergattern.

FUT steht für «FIFA Ultimate Team». Es handelt sich um einen Online-Spielmodus, der sich in den letzten Jahren etabliert hat und welcher auch für offizielle Turniere genutzt wird. Jeder Spieler stellt sich dabei seine Traum-Elf zusammen. Dafür sind Spielerkarten aus Packs nötig, die man entweder für echtes Geld oder unverhältnismässig viel Spielwährung bekommt.



Die meisten «FIFA»-Spieler werden ihre Traum-Elf dann auch nie hinbekommen. Denn die Wahrscheinlichkeit, nur schon einen Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi zu ziehen, ist extrem klein. Von Ikonen wie Pele, Maradona oder Luis Figo braucht man gar nicht erst zu träumen.

Ist der E-Sport-Aspekt in Gefahr?

Trotzdem ist es für ambitionierte «FIFA»-Spieler inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden, Jahr für Jahr Hunderte, wenn nicht Tausende von Franken in Kartenpackungen zu investieren. Ein Trend, der immer wieder kritisiert, zeitgleich aber auch von einem grossen Teil der Community akzeptiert wird. Konsequente Boykottierer wie «The Kalk» werden rar. Er schreibt lediglich: «Solange ‹FIFA 21› weiterhin nur ein grosses Ultimate-Team-Casino ist, boykottiere ich die Reihe. [...] Kein Geld für Abzocke!»

Gerade professionelle Spieler halten sich mit Kritik ebenfalls immer seltener zurück. In ihren Augen ist «FIFA» als E-Sport aufgrund des Pay-2-Win-Faktors ernsthaft in Gefahr. Zum einen, weil das Spiel einfach immer unfairer werde, und zum anderen, weil sie nicht wollen, dass junge Spieler an einen solch ungesunden Umgang mit Geld herangeführt werden.

Erster Profi wagt den Geldlos-Versuch

Den vorzeitigen Höhepunkt der Entrüstung hat Electronic Arts erst kürzlich selber herbeigeführt. In einem Magazin für Kinder warb der Publisher explizit für den Kauf von «FIFA»-Points. Nach einem immensen Aufschrei hat der Konzern dann immerhin reagiert und sich für die Werbung entschuldigt. Ein Pressesprecher sagte: «Wir nehmen die Verantwortung, die wir bei der Vermarktung von EA-Spielen und -Erlebnissen in Kanälen, die von Kindern gesehen werden, haben, sehr ernst. Trotzdem sind wir uns bewusst, dass die Werbung für ‹FIFA›-Points in Umgebungen erschienen ist, in denen sie nicht hätte erscheinen sollen.»



Um den Umgang mit Echtgeld in «FIFA» nachhaltig zu verändern oder zu beeinflussen, muss nun aber ein generelles Umdenken stattfinden. Und hier übernehmen die grossen Aushängeschilder der Szene eine wichtige Funktion. Solange sich die grossen Streamer und E-Sportler jedes Jahr selber Packs im Wert von Tausenden Franken kaufen, wird sich nur wenig ändern.

Aus diesem Grund hat sich der Profi Tim Latka von Schalke 04 jetzt ein Herz gefasst. Er will komplett auf Echtgeld-Ausgaben verzichten. Gerade für einen Profi ein äusserst selbstloser und nobler Zug, der ihn womöglich auch den einen oder anderen Sieg kosten wird. Trotzdem ist es ihm wichtig, ein Zeichen zu setzen und jungen «FIFA»-Fans aufzuzeigen, dass man auch so Spass haben und ein solides Team zusammenbauen kann. Für dieses Abenteuer verzichtet Latka auf 2'000 Euro, die ihm Schalke zur Verfügung gestellt hätte, und spendete diese stattdessen an die Robert-Enke-Stiftung, die sich stark in der Aufklärung von Depressionskrankheiten engagiert.

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