Kolumne am Mittag Colin Farrell – lieber komische Käuze als klassische Schönlinge

Von Fabian Tschamper

11.9.2020

Colin Farrell galt schon immer als Frauenschwarm, Hollywood versuchte, ihn auf die Actionfilm-Schiene zu drängen – Farrell hatte andere Pläne.
Colin Farrell galt schon immer als Frauenschwarm, Hollywood versuchte, ihn auf die Actionfilm-Schiene zu drängen – Farrell hatte andere Pläne.
Getty

Der irische Schauspieler hat ein hübsches Gesicht, im Film mimt er nicht selten den komischen Kauz – eine rare Kombination in Hollywood. Colin Farrell ist in seinen Rollen an Nonchalance nicht zu überbieten.

Ein hübscher Kerl ist er – nicht wahr? –, dieser Colin Farrell. Das sind beste Voraussetzungen für das oberflächliche Actionfilm-Business, wo der Protagonist muskelbepackt, mit Colgate-Lächeln und kantigem Kinn in die Kamera schaut und nebenbei den Bösewichten den Hintern versohlt.

Eine solche Karriere hatte Hollywood für den Iren wohl vorgesehen, Farrell lenkte ein – hie und da. Seine wahre Leidenschaft – und das behaupte ich als Fan und Beobachter seiner Performances – scheint aber eine andere zu sein: Farrell ist sich für Aussenseiter und komplett Verrückte nicht zu schade, im Gegenteil: Er findets geil.

Freilich dürften viele Leute seinen Namen mit «Nicht auflegen!», «Minority Report», «S.W.A.T» oder mit dem Epos «Alexander» assoziieren. Es sind klassische Schönling-Rollen, die Farrell zufriedenstellend interpretiert hat. Doch da sind eben auch diese komischen Käuze, die richtig guten Farrell-Charaktere: In «Horrible Bosses» mimt der Ire ein verzogenes, desillusioniertes, toupettragendes, kokainrupfendes Ekel von einem Chef – glorreiches Kino!

Colin Farrell in «Horrible Bosses».
Colin Farrell in «Horrible Bosses».
New Line Productions

In «Brügge sehen ... und sterben?» spielt Farrell einen depressiven und suizidalen Auftragsmörder. Das klingt jetzt richtig deprimierend, doch die rabenschwarze Komödie wird durch Farrells zynisches Schauspiel unfassbar bereichert. Er liefert seine Zeilen mit solcher Perfektion ab, ich lach mir jedes Mal einen Schranz in den Bauch.

Dies bringt mich zur neuesten Farrell-Rolle, die wir auf Leinwand – und kurz vor dem Kino-Shutdown bei uns in der Schweiz – noch bestaunen durften: Im Crime-Film «The Gentlemen» konnte Regisseur Guy Richtie den Iren für eine Nebenrolle engagieren. Colin Farrell spielt einen Boxlehrer, den alle im Film nur «Coach» nennen. Und dieser Charakter ist ein Beweis mehr, dass Farrell in seinem Element – dem komischsten aller Käuze – schlicht unschlagbar ist. Die Nonchalance, sage ich Ihnen, ist vortrefflich.

Farrell in «The Gentlemen».
Farrell in «The Gentlemen».
STX Films

Nächstes Jahr dürfen wir Colin Farrell ausserdem als Pinguin im Kino ansehen, er spielt einen der Hauptgegenspieler von Robert Pattinsons Batman. Auf dem Set von «The Batman» wusste offensichtlich jeder, dass der 44-jährige Schauspieler irgendwann aufkreuzen würde. Als Farrell dies aber tat – in voller Montur und mit Make-up –, waren sich die Filmschaffenden plötzlich nicht mehr so sicher. Sogar sein Kollege Jeffrey Wright (er wird Commissioner Gordon darstellen) lief schnurstracks an ihm vorbei und fragte, wo denn Colin sei, man brauche ihn für die nächste Szene.

Was die Zukunft für Farrell auch immer bringt: Ich freue mich schon auf die komischen Käuze. Mehr dieser «klassisch schönen» Schauspieler sollten so etwas versuchen – macht es wie Colin!

Farrells Pinguin aus «The Batman».
Farrells Pinguin aus «The Batman».
Screenshot des Trailers

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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