Kolumne am Mittag Lara Stoll, die Königin des Schnarchens

Von Carlotta Henggeler

16.12.2020

Die Schweizer Slam-Poetin Lara Stoll 2018 im Backstagebereich des Casinotheaters in Winterthur.
Die Schweizer Slam-Poetin Lara Stoll 2018 im Backstagebereich des Casinotheaters in Winterthur.
Bild: Keystone/Ennio Leanza

Wussten Sie, dass es verschiedene Schnarch-Typen gibt, von Süssholz- bis Balken-Rasplern? Ich auch nicht, bis ich Slampoetin Lara Stoll traf und sie mich aufklärte. Eine folgenschwere Begegnung.

Nur mit einem Mikrofon und einem A4-Blatt bewaffnet stand Lara Stoll vor fast zehn Jahren vor mir. Der Anlass? Eine Abschlussfeier einer  Fachausbildung. Meine Unterhaltungserwartungen waren eher bescheiden – bis gar nicht vorhanden. Unterirdisch quasi.

Im Saal gingen die Lichter aus, ein erstes Gähnen huschte über meine Lippen. Und dann – bäm, legte Lara Stoll los. Jung, ungeschminkt, nur einen Papierfötzel zwischen ihr und dem Publikum.

«Ich verbringe die schönsten Stunden mit dir, du tust es nicht oft, aber wenn, dann liebe ich es zuzuhören. Ja, ich mag es, wenn du schnarchst», lauteten ihre ersten Worte. Ich war irritiert. Sie hat jetzt nicht wirklich eine Ode ans Schnarchen geschrieben, oder?

Doch, das hat Lara Stoll. «Schon immer mochte ich es, wenn sich die Atemwege blockieren und das erschlaffte Gaumensegel und das Halszäpfchen im Sog der Atemluft flattern – und die tollsten Geräusche entstehen. Schnarchen ist das Ehrlichste der Welt», rezitierte die Thurgauer Slampoetin weiter. 

Von Satz zu Satz wuchs meine Bewunderung. Diese Liebe zur Sprache, diese Leichtigkeit der Wortkomposition, ein Genuss für jeden Sprachfetischisten. Raffiniert orchestriert.



So erstellte Stoll an diesem Abend eine Klassifizierung der Rhonchopathie (med. Begriff für Atemstörung) – und beschrieb jene Geräusche auch gleich selbst. So ein Schnarch-Verlauf sei wie ein klassisches Lied, auf ein Crescendo folge ein Forte, dann ein Staccato bis zum Decrescendo. Alles lautmalerisch unterlegt. 

Lara Stolls Hommage ans nächtliche Sägen – ein Highlight für Ohr und Gehirn. Doch nach einer Weile verschwand die Slampoetin aus meinem Aufmerksamkeits-Radar. Comedy-Queen Hazel Brugger tauchte auf, Renato Kaiser, Patti Basler, Dominic Deville, Frölein DaCapo, Gabriel Vetter oder Kiko erschienen an der Oberfläche. Helvetias (Klein-)Künstlerszene ist reich. 

Bis vor ein paar Wochen die vorweihnachtliche SRF-Satireserie «Advent, Advent» angekündigt wurde. Mit Lara Stoll als miesepetrige und drogensüchtige Dorfpolizistin. Die Stoll als Schauspielerin? 

Nach drei Folgen «Advent, Advent» weiss ich; Lara Stoll ist die Idealbesetzung. Niemand könnte Politesse Nico besser spielen – ein Sechser im Lotto für Regisseurin Natascha Beller («Die fruchtbaren Jahre sind vorbei»).

Was? Sie haben «Advent, Advent» noch nicht gesehen? Hü, hopp – es lohnt sich!

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

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