Interview Marc Sway: «Ich bin ein Schweizermacher-Kind»

Von Carlotta Henggeler

3.10.2020

Sänger Marc Sway über seine Premiere als Schauspieler, warum Stefanie Heinzmann sein Leben verändert hat und wie er gleich seinen ersten Satz vor der Kamera verhauen hat.

In «Eden für jeden» schlüpfen Sie in die Rolle von Paolo Cesar, ein brasilianischer Musiker. Sie spielen quasi sich selber.

Ja, diese Figur ist mir sehr ähnlich. Am Anfang dachte ich, das vereinfache mein Leben als Schauspieler. Doch mindesten genauso oft stand es mir im Weg. Sich selbst zu spielen ist ein Widerspruch in sich.

Als Sänger sind Sie sich gewohnt, vor Publikum zu stehen und zu unterhalten. Die Bühnenerfahrung hilft sicher bei der Schauspielerei.

Definitiv. Die grösste Parallele zwischen der Musik und der Schauspielerei ist das Timing. Man muss ein Gespür bekommen, wann soll ich voll rein und wann muss ich eher leise sein. Und man muss noch dazu sagen, beide Beruf sind ein Handwerk. Ich benutze diese Bezeichnung absichtlich, weil du ein Handwerk erlernen musst. Das war mir schon bewusst, als ich für die Rolle zugesagt habe.

Obwohl Sie das Metier nicht gelernt haben, sind Sie ins kalte Wasser gesprungen.

Je älter wir werden, desto eher bewegen wir uns nur noch in unserer Komfortzone. Aus Angst zu scheitern, wagen wir auch immer weniger.

Die Rolle anzunehmen hat Sie also Überwindung gekostet?

Ja, auf jeden Fall. Bei der Musik habe ich 20 Jahren Erfahrung: Ich weiss da ganz genau, was ich kann, wann ich ans Limit komme, ich kenne jeden Ton, den ich singe. Das hatte ich bei dieser Rolle nicht. Man wird verletzlicher.

Die Angst zu scheitern war da.

Ja. Mir hat aber ein Satz einer guten Freundin sehr geholfen. Stefanie Heinzmann hat mir mal gesagt: ‹Ich schäme mich für nichts.› Das ist ein Satz, der mein Leben verändert hat. Es ist okay zu scheitern, es ist okay, was auch immer die Leute über dich denken.

In «Eden für jeden» sind zwei traurige Schicksale verpackt. Nellys Familienstreit und die Alzheimer-Erkrankung ihrer Grossmutter Rosmarie. Was hat dieser Film bei Ihnen für einen Nachgeschmack hinterlassen?

Dass Nelly so selbstverständlich mit der Situation ihrer Grossmutter umgeht. Dass Nellys Liebe für ihre Grossmutter grösser ist als die vielen Herausforderungen des Alltags, das finde ich schön. Was wir daraus lernen können, ist die normale Art, wie die Figuren Paolo und Nelly mit der kranken Rosmarie umgehen. Dass man nicht immer die Hürden sieht, wenn jemand anders ist.

Sie haben jetzt Filmluft geschnuppert. Lust bekommen auf weitere Rollen?

Sag niemals nie! Hätte man mich vor zwei Jahren gefragt, ob ich bei einem Film mitspielen würde, hätte ich gesagt: ‹Wenn die Rolle stimmt, wieso nicht?› Jetzt habe ich's gemacht – es war eine tolle Erfahrung.

Wie war es, mit Rolf Lyssy zusammenzuarbeiten?

Grossartig! Mit dem Rolf Lyssy, der mit «Die Schweizermacher» den erfolgreichsten Schweizer Filme erschaffen hat. Ein Film, der auch meine Familie und mich geprägt hat.

Wie meinen Sie das?

Der Film «Die Schweizermacher» war bei uns zu Hause sehr präsent, deshalb wusste ich, wer Rolf Lyssy ist. Meine Mutter ist aus Salvador, aus dem Norden Brasiliens. Sie hat meinen Vater in der Schweiz kennengelernt. Sie mussten auch ganz schnell heiraten, weil sie sonst nicht hätte bleiben dürfen. Und sie sind heute noch zusammen. Ich bin ein «Schweizermacher»-Kind.

Wie war der erste Drehtag, bestimmt war Ihr Puls hoch?

Ja, ich hatte nicht nur einen hohen Puls. Am ersten Drehtag musste ich genau einen Satz sagen. Da stehen Rosmarie und Nelly vor ihrem Schreberhäuschen, ich komme vorbei und soll sagen: ‹Hallo, ich bin der neue Nachbar Paolo Cesar.› Und was sage ich? ‹Hallo, ich bin der neue Nachbar Marc Sway.› Die ganze Crew hat sich kaputtgelacht. Ein würdiger Einstieg für eine Drama-Komödie.

«Eden für jeden» läuft im Kino.

Zurück zur Startseite