Im Amt gestorben Diese Bundesräte waren länger an der Macht als Putin

gbi

23.3.2024

Nach seinem – erwarteten – Triumph beim Urnengang vom Wochenende darf Wladimir Putin Russland bis 2030 weiterregieren. Ein rekordlanger Regent? Bedingt: Sogar Schweizer Politiker waren länger am Drücker.

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23.3.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Wladimir Putin darf bis 2030 durchregieren. Das steht seit seinem Sieg bei den umstrittenen Präsidentschaftswahlen von letzter Woche fest.
  • Zieht der 71-Jährige seine nächste Amtszeit vollständig durch, wäre er 26 Jahre lang russischer Präsident gewesen. Rechnet man seine Zeit als Ministerpräsident dazu, sind es 31 Jahre.
  • Kommentator*innen ziehen schon der Vergleich zur russischen Langzeitherrscherin Katharina der Grossen.
  • Doch auch in anderen Ländern finden sich Beispiele von noch länger amtierenden Präsidenten und Regierungschefs. Darunter auch einige Bundesräte. 

Die junge Generation in Russland kennt es gar nicht anders: Wladimir Putin sitzt im Kreml. Seit er Ende 2000 erstmals Präsident wurde, leitet der ehemalige KGB-Mann die Geschicke des Landes. Einzig von 2008 bis 2012 rückte er als Ministerpräsident – zumindest dem Schein nach – kurzzeitig in die zweite Reihe.

Mit seinem Sieg bei den international als unfrei kritisierten Wahlen vom Wochenende sicherte sich Putin eine fünfte Amtszeit. Der 71-Jährige kann jetzt bis 2030 durchregieren, wenn die Gesundheit mitspielt. Damit käme er auf 26 Jahre als Präsident. Das ist die längste russische Regentschaft seit Katharina der Grossen im 18. Jahrhundert, rechneten die Medien rasch nach. Rein theoretisch könnte Putin anno 2030 noch eine sechste Amtszeit anhängen, doch lassen wir das. Vorerst.

Bleiben wir bei 26 Jahren als Präsident, die Putin mit Ende seiner neuen Amtszeit angehäuft haben wird. Manche rechnen mit 31 Jahren, wenn man die Zeit als Ministerpräsident mit einrechnet. Das ist auch ausserhalb der russischen Geschichte ein stolzer Wert. Doch nicht einmal in der Schweiz würde es zu einem Rekord reichen.

Auf Stalins Spuren

Doch bleiben wir zunächst bei Putins Vorgängern. Boris Jelzin, der einen noch unbekannten Wladimir Wladimirowitsch Putin 1999 zum Ministerpräsidenten ernannte, war acht Jahre lang Präsident (1991–1999). Michail Gorbatschow, der erste Präsident nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, kam auf sechs Jahre an der Staatsspitze (1985–1991). Der sowjetische Diktator Josef Stalin kam auf 29 Jahre (1924–1953).

Anhänger*innen der Kommunistischen Partei Russland gingen 2019 mit Porträts von Josef Stalin auf die Strassen. (Archivbild)
Anhänger*innen der Kommunistischen Partei Russland gingen 2019 mit Porträts von Josef Stalin auf die Strassen. (Archivbild)
Bild: Keystone

Kohl und Berlusconi schon überrundet

Andere europäische Langzeitherrscher*innen hat Putin dagegen schon länger überholt. Helmut Kohl, der «ewige Kanzler», war insgesamt 16 Jahre deutscher Regierungschef (1982–1998). Angela Merkel kam auf gleich viele Jahre als Bundeskanzlerin (2005–2021).

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen im Jahr 2019. (Archivbild)
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen im Jahr 2019. (Archivbild)
Keystone

Was etwas überraschen mag: Silvio Berlusconi brachte es in Italien auf nur neun Jahre als Ministerpräsident, die sich aber auf vier Amtszeiten zwischen 1994 und 2011 verteilten. Der Cavaliere hielt das südliche Nachbarland also doch über mehrere Jahrzehnte in Atem.

Ein guter Vertrauter von Putin, Alexander Lukaschenko, kommt schon auf ein paar Jahre mehr an der Macht als sein Kollege im Kreml: Schon seit 1994 regiert der belarussische Machthaber das europäische Land, mittlerweile bereits in sechster Amtszeit. Der «letzte Diktator Europas» ist damit schon 30 Jahre ununterbrochen an der Macht.

Auch Robert Mugabe hielt die Zügel länger als Putin in der Hand: Er führte das afrikanische Land 1980 in die Unabhängigkeit von Grossbritannien und amtete als bis 1987 als Ministerpräsident des Landes. Bis 2017 hängte er dann auch noch 30 Jahre als Präsident an.

Manche Bundesräte waren länger im Amt

In der Schweiz stünde Putin mit seinen 26 Amtsjahren aber schon im oberen Bereich der längsten Amtsträger*innen. Im Schnitt bleiben Bundesrätinnen und Bundesräte rund zehn Jahre im Amt. Doch es gibt Ausreisser nach oben.

Bisher am längsten im Bundesrat sass Karl Schenk. Der FDP-Politiker gehörte der Landesregierung von 1863 bis 1895 an: 32 Jahre lang. Die rekordlange Amtszeit des Berners endete mit einem tödlichen Unfall – eine Kutsche hatte den 71-Jährigen erfasst. Laut einem Rückblick von SRF war Schenk sechsmal Bundespräsident und konnte als grössten politischen Erfolg den Start der Gotthardbahn für sich verbuchen.

Weitere besonders altgediente Bundesräte waren Adolf Deucher, der es auf 29 Jahre im Bundesrat brachte (1883–1912). Auch der Thurgauer FDP-Mann starb im Amt.

Als dritter Rekordhalter ist Giuseppe Motta aus dem Tessin zu nennen; er sass für die konservative Volkspartei 28 Jahre lang im Bundesrat und starb gemäss SRF nach mehreren Schlaganfällen ebenfalls während seiner Amtszeit (1912–1940).

Sie alle waren länger im Amt als Wladimir Putin. Womit aber natürlich der Regierungsstil eines Bundesrats nicht mit jenem des russischen Autokraten gleichgesetzt werden soll. 

Fun Fact: Im Jahr 2000, als Putin erstmals als Präsident in den Kreml einzog, setzte sich der Bundesrat übrigens wie folgt zusammen: Adolf Ogi (SVP), Joseph Deiss (CVP), Ruth Metzler (CVP), Ruth Dreifuss (SP), Pascal Couchepin (FDP), Moritz Leuenberger (SP) und Kaspar Villiger (FDP). Das offizielle Bundesratsfoto aus jenem Jahr lässt keinen Zweifel daran, wie lange diese Zeit doch schon zurückliegt. 

Der Bundesrat im Jahr 2000: Hintere Reihe Joseph Deiss, Ruth Metzler und Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz; mittlere Reihe Ruth Dreifuss und Pascal Couchepin, vordere Reihe Moritz Leuenberger, Bundespräsident Adolf Ogi und Kaspar Villiger.
Der Bundesrat im Jahr 2000: Hintere Reihe Joseph Deiss, Ruth Metzler und Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz; mittlere Reihe Ruth Dreifuss und Pascal Couchepin, vordere Reihe Moritz Leuenberger, Bundespräsident Adolf Ogi und Kaspar Villiger.
Bild: Keystone/Handout Bundeskanzlei/Masato Yoloyam

Chancenlos gegen einen anderen

Um einen besonders berüchtigten Langzeitherrscher zu überholen, müsste Putin aber noch ein paar Amtszeiten anhängen. Kim Il Sung regierte Nordkorea seit dessen Gründung 1948 bis zu seinem Tod 1994. Das macht ganze 46 Jahre.

Mehr noch: Der Diktator und Grossvater des heutigen Herrschers Kim Jong Un wurde nach seinem Ableben zum «ewigen Präsidenten» der Nation erklärt und regiert damit – zumindest in der Theorie – auch weiterhin.

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