Fedpol-Chefin warnt Mafia will Schweizer Justizsystem unterwandern

sda

17.4.2024 - 02:35

Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle warnt vor einer Ausbreitung der Mafia. (Archivbild)
Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle warnt vor einer Ausbreitung der Mafia. (Archivbild)
Keystone

Die Mafia breitet sich in der Schweiz immer mehr aus. Die aktuellen Ressourcen würden für eine Bekämpfung nicht ausreichen, warnt die Fedpol-Chefin.

17.4.2024 - 02:35

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Mafia ist in der Schweiz auf dem Vormarsch. 
  • Die Fedpol-Chefin warnt vor einer Unterwanderung der Justiz.
  • Eine effektive Bekämpfung sei aufgrund der knappen Ressourcen kaum möglich.

Dank des im Jahr 2021 von Europol geknackten verschlüsselten Kommunikationsdienstes für Kriminelle Sky ECC laufen in der Schweiz zurzeit rund 60 Ermittlungen. «Es geht um Kokain, Cannabis, synthetische Drogen und Waffen», sagte Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle.

15 davon seien beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) angesiedelt, so della Valle in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». «Bisher haben wir allerdings erst 20 Prozent der grossen Datenmenge analysiert. Es fehlen uns schlicht die Ressourcen, und die Zeit läuft uns davon: Je älter diese Daten sind, desto weniger wertvoll sind sie.»

Was die Daten laut della Valle zeigen: Die Mafia ist definitiv in der Schweiz angekommen. «Es handelt sich um Mitglieder der Balkanmafia, der italienischen Mafia und andere Organisationen. Sie teilen sich ihre kriminellen Aktivitäten auf.» Dazu arbeiteten die Organisationen immer mehr zusammen. Wie viele Zellen es gibt, wisse das Fedpol nicht. Und: Mittlerweile werden hierzulande auch Drogen produziert. «Durch Bilder, die auf Sky ECC weitergeleitet wurden, konnten wir sehen, wie in einem Labor legal angebauter Hanf mit synthetischen Cannabinoiden besprüht und dann tonnenweise als THC-haltiges Cannabis exportiert wird», so die Fedpol-Chefin.

Ressourcen reichen nicht

Laut della Valle reichen die heutigen Polizeiressourcen nicht aus für eine effektive Bekämpfung der organisierten Kriminalität. «Manchmal werden zwanzig oder dreissig Ermittler von Bund und Kanton eingesetzt, die für einen einzigen Fall monatelang an der Arbeit sind», sagte sie. «In der Schweiz können mit den heutigen Ressourcen aller Polizeien rund fünf solcher Verfahren zeitgleich durchführt werden. Bei der Polizeidichte gemessen an der Bevölkerung liegt die Schweiz im europäischen Vergleich weit hinten.»

Dazu sei es schwierig, genug Beweismaterial für eine Anklage zu sammeln, so della Valle. «Es gibt Shops an allerbester Innenstadtlage, die fast immer leer sind. Oder Gelaterien, die im Winter denselben Umsatz machen wie im Sommer. In solchen Fällen weiss die Polizei, dass etwas nicht stimmen kann. Aber es ist enorm schwierig, etwas dagegen zu unternehmen.» Das Steueramt, die Lebensmittelkontrolle oder das Arbeitsinspektorat könne natürlich vorbeischauen. «Auf diese Weise können wir zwar stören», sagte die Fedpol-Chefin. «Aber oft findet man trotz allen Anstrengungen nicht genug, um Anklage zu erheben.»

 Justiz soll unterwandert werden

Dass die organisierte Kriminalität die Öffentlichkeit nicht stärker beschäftige, liege an ihrer Unsichtbarkeit. «Man sieht die organisierte Kriminalität oft nicht, deshalb stört sie im Alltag kaum jemanden», so della Valle.

Dabei kann sie handfeste Auswirkungen haben: Mit ihrer Ausbreitung versuchen die kriminellen Organisationen auch Einfluss zu nehmen auf die hiesige Justiz. «Wir haben auf Sky ECC Chats zwischen zwei Kalabresen gefunden, in denen Leute sich erkundigt haben, wie man in der Schweiz Einfluss nehmen kann auf die Justiz. Diese Kriminellen wollen unter anderem auch das Schweizer Justizsystem gezielt unterwandern», sagte die Fedpol-Chefin.

sda