Exklusiv Henchoz klärt Nati-Debatte: «Shaqiri muss Stammspieler sein»

Von Andreas Böni (Text) und Ronja Zeller (Video) aus Dublin

26.3.2024

Stéphane Henchoz: «Shaqiri muss Stammspieler sein»

Stéphane Henchoz: «Shaqiri muss Stammspieler sein»

blue Sport Experte Stéphane Henchoz schätzt die aktuellen Geschichten rund um die Schweizer Nationalmannschaft vor dem Freundschaftsspiel gegen Irland ein.

26.03.2024

Stéphane Henchoz (49) spielte lange Jahre für Liverpool und 72 Mal für die Schweizer Nati. Der Nati-Experte fordert Xherdan Shaqiri in die Stammelf, obwohl er ihn nicht bei 100 Prozent Fitness sieht. Und lobt Granit Xhaka für seine Rangelei.

R. Zeller

26.3.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Stéphane Henchoz spricht vor dem Testspiel in Irland mit blue Sport über die aktuelle Situation der Schweizer Nati.
  • Der 49-Jährige ist sich sicher, dass Shaqiri der beste Offensivspieler des Landes ist und dementsprechend Stammspieler sein sollte.
  • Granit Xhakas Rangelei während dem ersten Testspiel der Nati gegen Dänemark zeugt für Henchoz von Temperament. Das findet er gut.

Stéphane, wie gefiel Ihnen das Spiel gegen Dänemark?

Stéphane Henchoz: Das 0:0 war schon in Ordnung, defensiv hat man sehr gut gespielt mit den drei Innenverteidigern. Auch das Mittelfeld war gut gegen starke Dänen. Offensiv war es zu wenig, natürlich. Zu wenig Kreativität im Mittelfeld, zu wenig von Noah Okafor und Ruben Vargas. Auch links und rechts auf der Seite musst du mit mehr Power kommen. Das erwarte ich gegen Irland.

Zu reden gibt die Rolle von Xherdan Shaqiri. Wird er in Zukunft nur noch als Joker gebraucht? Oder hat der Trainer, wie Shaqiri glaubt, nur experimentiert?

Wenn du die Offensivleistung der Schweiz betrachtest, siehst du, dass du einen Shaqiri brauchst. Die Kreativität fehlt. Ich sehe keinen Spieler, der ihn ersetzen kann. Er muss aber auch körperlich fit sein für mindestens 65 bis 70 Minuten.

Wirkt er denn so fit auf Sie?

Im Moment nicht. Der Trainer wird das besser beurteilen können als ich. Murat Yakin muss schauen, wie er drauf ist. Für mich muss er einfach von Anfang an spielen, weil sonst kommt zu wenig von der Offensive.

Gegen Irland bekommt er nun eine Chance. Die Frage nach seinem Fitnesszustand bleibt allerdings. Wie beurteilen Sie als langjähriger Scout von Lyon die amerikanische Liga?

Die MLS ist von der Intensität her nicht schlecht. Die Zweikämpfe sind hart und das Tempo ist okay. Aber das Level ist insgesamt kein Vergleich mit einer Top-5-Liga. Und es ist dort definitiv ein bisschen einfacher als Offensivspieler zu spielen.

Stéphane Henchoz ist aktuell ein Spieler-Scout für Olympique Lyon.
Stéphane Henchoz ist aktuell ein Spieler-Scout für Olympique Lyon.
Bild: Keystone

Ist das Problem, dass man keine Alternativen hat? Sonst könnte man ja gut mit Shaqiri als Joker leben.

Ja, das würde ich sagen. Wenn wir nur einen, zwei Spieler hätten, die das bringen können, was Shaqiri bringt … Dann könnte man ihn mit seinem Alter, mit seinem körperlichen Zustand gut als Joker einsetzen. Er wäre perfekt dafür, in den letzten 15, 20 Minuten den Unterschied zu machen – wenn er im Kopf dafür bereit ist. Aber eben: Ich sehe keinen Spieler in diesem Kader, keinen Spieler im ganzen Schweizer Fussball, der so spielen kann wie Shaqiri.

Ein Knipser fehlt auch.

Ja, definitiv. Man sieht auch, wie schwierig es für die Mannschaft ohne Breel Embolo ist. Wir müssen hoffen, dass er zurückkommt, schnell und stark.

Eine Szene, die beim ersten Spiel zu reden gab, war die Rangelei von Granit Xhaka. Mir gefiel's, weil er Emotionen zeigte. Ihre Meinung?

Das ist manchmal gut. Du zeigst Emotionen, Leben. Ich habe immer lieber Spieler mit Temperament als solche, die nichts machen, wenn es schiefläuft. Die dann ruhig bleiben und einfach alles über sich ergehen lassen. Darum: Was Xhaka am Samstag in Dänemark gemacht, war in Ordnung und gut.

Fabian Schär spielte sehr gut, nachdem man das Gefühl hatte, dass er nicht mehr in die Stammelf kommt. Hat er sich für Sie in die Mannschaft gespielt?

Er hat sehr gut gespielt in einer Dreierkette. Aber für mich, und das habe ich schon lange gesagt, ist Schär vom Potenzial her Stammspieler für die Nati. 100-prozentig. Früher hat er vielleicht nicht immer so gut gespielt wie bei Newcastle. Aber ich frage mich: Warum spielt er so gut bei Newcastle und mit der Schweiz schöpft er nur 60, 70 Prozent seines Potenzials aus? Das ist die Arbeit des Trainers für mich. Ich würde gerne Schär als Stammspieler sehen. Wenn Yakin mit Dreierkette spielt, dürfte er dabei sein.

Fünf Spiele hat die Nati nicht mehr gewonnen. Wird sich das in Irland ändern?

Die Iren werden versuchen, Druck zu machen, sie sind jedoch nicht so stark. Für die Schweiz ist es ein guter Test. Ein wenig ähnlich wie gegen Schottland an der EM in ein paar Monaten, auch wenn die Schotten für mich ein bisschen besser sind. Also ich erwarte wieder eine starke Defensivleistung, aber eine bessere Offensive gegen eine mittelmässige Mannschaft.

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