Curlerinnen schreiben WM-Geschichte «Wir in der Schweiz sind einfach harte Arbeiter»

Von Luca Betschart

28.3.2022

Die Schweizer Curlerinnen jubeln über den dritten WM-Triumph in Folge.
Die Schweizer Curlerinnen jubeln über den dritten WM-Triumph in Folge.
Bild: Keystone

Die Schweizer Curlerinnen schreiben an der WM in Kanada Geschichte und marschieren ungeschlagen zum dritten Titel in Serie. Die Tränen der Enttäuschung nach dem Olympia-Frust sind endgültig getrocknet.

Von Luca Betschart

28.3.2022

Bereits vor rund fünf Wochen lassen die Schweizerinnen ihr Ausnahmetalent aufblitzen. Bei den Olympischen Spielen in Peking fahren sie in der Round Robin acht Siege in neun Spielen ein, bevor der Faden in der K.o.-Phase reisst. Zwei schmerzhafte Niederlagen in Halbfinal und Final resultieren im enttäuschenden vierten Schlussrang, die Enttäuschung nach dem geplatzten Medaillentraum ist riesig.

Zeit, diese zu verarbeiten, bleibt den Curlerinnen vom CC Aarau aber keine. Kaum zurück in der Schweiz steht mit den Landesmeisterschaften sogleich das Qualifikationsturnier für die WM an. «Im Gegensatz zu anderen Nationen mussten wir um die WM-Qualifikation spielen. Das war gleich anschliessend an die Olympischen Spiele. Wir waren zwar mental und körperlich müde, aber wir wollten unbedingt gewinnen und an die WM gehen, um unseren Titel zu verteidigen versuchen», blickt Skip Silvana Tirinzoni zurück. Ein Unterfangen, das eindrücklich gelingt.

Ein Titel-Hattrick für die Geschichtsbücher

Melanie Barbezat, Esther Neuenschwander, Silvana Tirinzoni und Alina Pätz küren sich in Prince Georg zum ersten Frauenteam, das seit der 1979 eingeführten WM dreimal in Folge triumphiert. Zudem ist das Quartett nach Kanada (2017) das erst zweite Frauen-Team, das in allen 14 WM-Spielen unbesiegt bleibt. «Es ist schwierig in Worte zu fassen. Es ist schon sehr schwierig, überhaupt einmal Weltmeisterinnen zu werden. Dass wir das dreimal nacheinander geschafft haben, ist ein unbeschreibliches Gefühl», schwärmt Tirinzoni.

Den Grundstein zum Finalsieg über die Südkoreanerinnen legt die Schweiz bereits im zweiten End mit einem Dreierhaus. Trotz starker Gegenwehr geben Tirinzoni und Co. diesen Vorsprung nie mehr aus der Hand. «Sie kamen mit allem, was sie hatten. Dann wird es schwierig. Gegen den Schluss hat man den Puls schon etwas gemerkt, aber das ist auch ganz normal für einen WM-Final», sagt Tirinzoni. «Südkorea hat fantastisch gespielt.»

Das gilt aber auch für die Schweizerinnen, die im Final eindrückliche 93 Prozent gelungener Steine vorweisen und über das gesamte Turnier auf Weltklasse-Niveau agieren. «Als wir hierherkamen, dachte ich ehrlich gesagt, das Team sei vielleicht etwas müde», gibt Tirinzoni zu, fügt aber schnell an: «Das war nicht der Fall.» Im Gegenteil. Nach 2019 in Silkeborg und 2021 in Calgary machen die Schweizerinnen an der kanadischen Westküste den einzigartigen Hattrick perfekt.

«Wir wissen, wie man trainiert»

Ihren Ursprung hat die Erfolgsgeschichte kurz nach den Olympischen Spielen in Pyeongchang 2018, als die Betriebsökonomin Tirinzoni entscheidet, die berufliche Karriere dem Curling unterzuordnen und mit Alina Pätz – ihrer bisher grössten Rivalin – ein Team aufzubauen. «Ich denke, wir haben einige gute Einzelspieler, die in der Vergangenheit einen Weg gefunden haben, zusammen zu spielen», sagt etwa Alina Pätz. «Deshalb hatten wir immer gute Mannschaften. Wir in der Schweiz sind einfach harte Arbeiter und wir wissen, wie man trainiert.»

Selbst ein Umzug in eine WG, um die Lebenskosten zu minimieren, ist Skip Tirinzoni einst nicht zu schade. Weil sie im Sommer bereits 43 Jahre alt wird, stellt sich nach dem perfekten WM-Turnier nun die Frage, wie es mit dem Erfolgsteam weitergeht. Kommuniziert ist noch nichts. Doch nachdem die Schweizer Frauen sieben von den letzten zehn WM-Titel ergattern, kann das ganz grosse Ziel für dieses Team eigentlich nur Olympiagold in Mailand und Cortina 2026 heissen.

«Ich kann diese Frage aktuell nicht beantworten, wir hatten noch keine Zeit, das zu besprechen», sagt Tirinzoni auf die Pläne des Teams angesprochen und will vorerst bloss in die nahe Zukunft blicken: «In einem Irish Pub steigt noch eine Party, wie ich gehört habe. Wir werden sicher dort noch vorbeischauen.»