Schlaftrunkenheit – gibt es das? Das passiert, wenn du zu viel schläfst

Von Vanessa Büchel

17.2.2024

Wer zu viel schläft, kann dieselben Symptome wie bei Schlafmangel entwickeln. 
Wer zu viel schläft, kann dieselben Symptome wie bei Schlafmangel entwickeln. 
Bild: imago images/Shotshop

Es ist Wochenende und wir freuen uns – endlich ausschlafen! Doch nach der langen Nachtruhe fühlen wir uns trotzdem gerädert. War es zu viel des Guten? Ein Experte erklärt, wie man merkt, ob man zu viel geschlafen hat. 

Von Vanessa Büchel

17.2.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Im Winter bekommen wir deutlich weniger Lichtstunden pro Tag. Dies kann laut dem Schlafexperten Marc Spielmanns bei gewissen Menschen zu vermehrter Müdigkeit führen. 
  • Wer dann länger schläft, könnte anschliessend unter exzessiver Tagesschläfrigkeit leiden. 
  • Rund 95 Prozent der Menschen brauchen etwa sieben bis siebeneinhalb Stunden Schlaf, wie der Arzt erklärt.
  • Schlaftrunkenheit kann sich unter anderem in Konzentrationsschwierigkeiten zeigen. 
  • Jeder Fall von Übermüdungserscheinungen müsse unterschiedlich betrachtet werden, da es verschiedene Ursachen dafür geben kann. 

Im Winter fühlen wir uns oft müder als im Sommer. Schuld daran ist die viele Dunkelheit, mit der wir in der kalten Jahreszeit zu kämpfen haben. «Wir Menschen machen zwar keinen Winterschlaf wie viele Tiere, aber es kann durchaus vorkommen, dass gewisse Personen über die Wintermonate vermehrt Müdigkeit verspüren», sagt Marc Spielmanns, ärztlicher Leiter Schlafmedizinisches Zentrum Zürcher Oberland in Wetzikon ZH, im Gespräch mit blue News.

Wie der Schlafexperte erklärt, hänge das mit der veränderten Anzahl Lichtstunden pro Tag zusammen, die im Winter deutlich geringer ausfallen. «Durch die Lichtaufnahme über die Augen wird die Hormonausschüttung gesteuert. Dabei kann es sein, dass der oder die andere empfindlicher reagiert.»

Durchschnitt braucht 7 bis 7,5 Stunden Schlaf

Wer sich in den Wintermonaten gern zurückzieht und dann etwas mehr schläft, der muss sich also nicht umgehend Sorgen machen, dass etwas nicht stimmt. Aber: «Wenn die durchschnittliche Schlafzeit durchgängig oberhalb von zehn Stunden liegt – die Rede ist von zehn Stunden Schlaf pro 24 Stunden –, dann zeigt sich langsam eine Auffälligkeit», stellt der Arzt klar. 

Dr. Marc Spielmanns widmet sich seit Jahren dem Thema Schlaf. Er ist ärztlicher Leiter vom Schlafmedizinischen Zentrum Zürcher Oberland.
Dr. Marc Spielmanns widmet sich seit Jahren dem Thema Schlaf. Er ist ärztlicher Leiter vom Schlafmedizinischen Zentrum Zürcher Oberland.
Bild: zVg

Wichtig sei zu unterscheiden, dass jeder Mensch anders viel Schlaf benötigt, um sich fit zu fühlen. Und dieses Bedürfnis könne sich im Laufe des Lebens auch wieder verändern. Der generelle Mittelwert lege laut aktuellen Forschungen zwischen sieben und siebeneinhalb Stunden. «In dieser Range befinden sich etwa 95 Prozent der Menschen.» 

Wichtig: Ein Leistungssportler, der täglich viele Stunden trainiert, habe einen anderen Erschöpfungsgrad, als jemand, der den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt, und brauche darum auch mehr Erholung.

Exzessiven Tagesschläfrigkeit

Auf die Frage, wann man merke, dass man zu viel schläft, antwortet Spielmanns: «Symptome wie extreme Müdigkeit tagsüber oder Konzentrationsschwierigkeiten hängen meist nicht mit der Anzahl Stunden zusammen, sondern sind häufig das Ergebnis von einem nicht erholsamen Schlaf.» Die grösste Rolle bei der Erholung in der Nacht würde demnach die Qualität des Schlafs spielen. 

Sobald ein Patient merkt, dass «er tagsüber Leidensdruck empfindet oder in seiner Lebensqualität eingeschränkt ist», dann ist etwas nicht in Ordnung.

Wie schaut eine gesunde Nachruhe aus? Dr. Spielmanns erklärt!

  • In einer Nacht durchleben wir meist vier bis sechs Zyklen. Ein Zyklus ist dabei in der Regel rund 90 Minuten lang.
  • In der ersten Nachthälfte befinden wir uns vermehrt in Tiefschlafepisoden.
  • In der zweiten Nachthälfte nimmt der Tiefschlaf etwas ab, dafür kommt der Traumschlaf mehr zur Geltung.
  • Schlafprobleme bestehen, wenn diese prozentuale Verteilung von Tief-, Traum- und Leichtschlaf gestört ist.

Die sogenannte Hypersomnie zeigt sich laut dem Schlafexperten gleich wie Schlafmangel – auf unterschiedliche Arten – und kann auch verschiedene Ursachen haben. So zählt Spielmanns als leichte Anzeichen Konzentrationsstörungen oder abschweifende Gedanken auf. «Man kann beispielsweise einem Gespräch nicht mehr folgen oder es fällt schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.»

Wer bereits schwerere Störungen zeigt, bei dem ist die Müdigkeit so fest fortgeschritten, dass er keine Kontrolle mehr darüber hat. «Man schläft in unpassenden Situationen wie beispielsweise in einem Meeting, im Kino oder Theater ein», so Spielmanns.

Dann ist die Rede von einer exzessiven Tagesschläfrigkeit. «Bei einem solchen Kontrollverlust rate ich, eine Untersuchung bei uns durchführen zu lassen, damit wir herausfinden können, welche Auslöser diese starke Müdigkeit hat.» 

Unterschiedliche Auslöser

Einer nicht erholsamen Nachtruhe liegen verschiedenste Ursachen zugrunde. «Jeder Patient muss individuell untersucht werden», führt Spielmanns an. 

Atmungsstörungen wie ausgeprägtes Schnarchen oder Atemaussetzer, aber auch Beinbewegungen, psychische Störungen oder neurologische Erkrankungen wie etwa Alzheimer können unter anderem den Schlaf stören.

Oft ist auch die Rede von einer saisonal bedingten Depression, die in den Wintermonaten häufiger auftritt. Vermehrte Müdigkeit könnte hier laut Spielmanns neben Antriebsarmut, Lustlosigkeit oder fehlender Leistungsfähigkeit auch ein Anzeichen dafür sein. 

Und auch etwas Banales wie Eisenmangel könne der Grund für vermehrte Müdigkeit sein. Anstatt zu versuchen, die exzessive Tagesmüdigkeit nachtsüber wegzuschlafen, indem man ganz einfach mehr Stunden liegen bleibt, sollte man dem Problem auf den Grund gehen, um eine Therapiemöglichkeit finden zu können.


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