Wer nach den Sternen greifen kann, muss auch wieder runterkommen. Zum Glück gibt es die digitale Läster-Welt, die Hochflieger wie Jeff Bezos prompt auf den Boden der Tatsachen zurückholt.
Von Philipp Dahm
21.07.2021, 18:09
21.07.2021, 18:39
Philipp Dahm
Jeff Bezos ist ins All geflogen. Wie die sozialen Netzwerke darauf reagieren? Vorhersehbar. Was nicht fehlen darf, wenn ein Milliardär für Hunderte Millionen Dollar in die Luft geht, ist erstens die Moralkeule ...
Jeff Bezos has decided he will not end world hunger today.
— Has Jeff Bezos Decided To End World Hunger? (@HasBezosDecided) July 20, 2021
... und zweitens der Vorwurf von Neid, der den Reaktionen zugrunde liegen soll. Erwartbar ist auch die dritte Antwort des Internets: kreativer Humor.
Die Einführung ins Thema überlassen wir der Late Show with Stephen Colbert: «Heute war ein grosser Tag für Amazon-Gründer und Terminator, der aus der Zukunft geschickt wurde, um dein Zahnarzt zu werden, Jeff Bezos», stellt Colbert den Milliardär zu diesem Foto vor:
«Heute Morgen sind Bezos und drei andere mit dieser Blue-Origin-Rakete in den Weltraum geschossen worden», fährt Colbert fort, bevor er seinem Mitarbeiter zuruft: «Komm schon Jim, das können wir hier auf CBS nicht zeigen!» Die Zensur des folgenden Bildes quittiert er mit einem «Danke!»:
Das Ganze hat mit Internet und Social Media zwar nichts zu tun, ist aber der vielleicht charmanteste Umgang mit dem Hervorstechendsten: Bezos Gerät gleicht einem Gemächt.
So, jetzt ist es raus! Und das ist online natürlich auch dem einen oder anderen aufgefallen, doch damit ist die Sache noch nicht abgehakt. Den Feinschliff besorgt die jüdische Kultur, in der der Mohel jemand ist, der für die rituelle Beschneidung verantwortlich ist:
«Jeff Bezos, der reichste Mensch der Welt, ... », beginnt eine Meldung der «New York Times». «Sie müssen Mensch sagen wegen Dagobert Duck», erklärt ein Twitter-User goldig. Und dieser Umstand ...
... gepaart mit der Tatsache, dass Jeff Bezos seiner Ex-Frau nach der Trennung ein hübsches Sümmchen hat zukommen lassen, macht den All-Ausflug wirklich zu etwas Besonderem: «Ein besseres Ende einer Ehe ist kaum vorstellbar: Du bekommst 50 Milliarden Dollar und dein Ex verlässt buchstäblich den Planeten», twittert ein User.
Oder wie diese Userin sehr lustig sagt: «You're living the dream, girl.»
On this monumental day of Jeff Bezos going to space, I’d like to offer a hearty congratulations to his ex-wife, MacKenzie Scott, who’s realizing the dream of every woman who’s ever wished her ex would fall off the face of the planet; you’re living the dream, girl.
— Jess the Prequel 🐾Cougar on the Prowl 😏🐾 (@JessthePrequel) July 20, 2021
Sinngemäss meint der untenstehende Tweet: Hätten ein Sportwagen und eine deutlich jüngere Freundin nicht gereicht?
Congrats to Jeff Bezos on his successful rocket launch. And also for totally not overcompensating for something pic.twitter.com/fI3OMxiaVQ
Trotz des vielen Geldes blieb Bezos bloss wenig Zeit im All beschieden. Und was bekommt man, wenn man den Vorstoss, Penis und kurze Verweildauer kombiniert? Eben, Witz-Raketen wie «Jeff Bezos' Flug war ganz schön schnell vorbei – Ex-Frau: Frag mal».
Dem Unterfangen schlagen diesbezüglich aber nicht nur Kalauer entgegen: Auch Ironie eignet sich hervorragend, um Weltraumfahrer zu bodigen: Katzen und Hunde sind bereits länger im All gewesen!
Andererseits lässt sich in den wenigen Minuten dennoch viel bewegen. Wunderbar ist der Vorschlag, dass sich in Abwesenheit alle in Affen-Kostüme zwängen, um den Weltraumtouristen nach der Landung zu verwirren. «Ich sage nicht, dass sie das tun sollten, aber ... sie sollten es tun», findet Twitter-User Max Kennerly.
11 minutes is more than long enough for everyone at the landing site to change into monkey costumes.
Not saying they should do this, but... they should do this.
Fangen wir mit «gutem Journalismus» an – also mit dem Abtippen von Tweets. «Falsch: ‹Jeff Bezos ist mit einer Schwengel-Rakete davongeflogen.› Richtig: ‹... Rakete davongeflogen, die einem Stück vom männlichen Genital in Erscheinung ähnelt, und um genau zu sein: nicht die Hosen. Wir reden hier vom Penis.›»
In general, good journalistic practice is to be clinical and wordy.
INCORRECT: “Jeff Bezos took off in a dong-rocket.”
CORRECT: “…rocket that was much like a piece of male genitalia in appearance, and to be specific, not the testicles; we’re talking about the penis here.”
— 🦄🇵🇷 Zoltan Warrkation🎮🐨 (@Warrkation_) July 20, 2021
Ein kahlköpfiger Kerl mit grossen Ambitionen? Einer, der mit phallischen Formen in Einklang ist – und der die Mittel hat, den Weltraum zu erobern? Ja, Jeff Bezos ist Doctor Evil!
Eben, jener Dr. Evil aus den «Austin Powers»-Filmen. Die Kunstfigur des Comedians Mike Myers, die bereits in mehreren Filmen ihr Unwesen trieb. Eine gewisse Ähnlichkeit ist den beiden nicht abzusprechen.
Humor, wenn auch schwarzen Humor, hat einer bewiesen, von dem man es nun am allerwenigsten erwartet hat angesichts der immer wieder kritisierten Arbeitsbedingungen von Amazon-Angestellten – siehe oben – und der Tatsache, dass der Weltraumausflügler keine ...
sure flying to space is cool but have you ever tried paying income tax
... Steuern zahlt: Jeff Bezos höchstpersönlich hat den derbsten Witz an jenem Tag an denselbigen gelegt. Er sagte: «Ich möchte allen Amazon-Mitarbeitern und jedem Amazon-Kunden danken, denn ihr Leute habt für all das bezahlt.»
Der Mann hat Nerven!
Jeff Bezos: "I wanna thank every Amazon employee and every Amazon customer because you guys paid for all this." pic.twitter.com/HTLORzbfnY