Facebook-Moderatoren sind unterbezahlt und traumatisiert

dj

27.2.2019

Bei Facebook unter die Haube gucken zu müssen ist nicht gut für die Gesundheit.
Bei Facebook unter die Haube gucken zu müssen ist nicht gut für die Gesundheit.
Keystone

Unterbezahlte Mitarbeiter eines Subunternehmens moderieren Facebook-Inhalte und werden dadurch vielfach traumatisiert.

Verbotene Inhalte bei Facebook zu kontrollieren und zu moderieren ist ein undankbarer und unbezahlter Job, der oft in Traumata endet. Zu diesem Schluss kommt eine Investigativreportage von theverge.com, die sich den Betrieb von Cognizanz in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona anschaute und mit ehemaligen Mitarbeitern sprach.

Facebook beschäftigt rund 15’000 Menschen weltweit, die sich um Verletzungen von Nutzungsbedingungen kümmern sollen. Die wenigsten diese Moderatoren arbeiten für Facebook direkt sondern meistens bei Subunternehmern wie Cognizanz, das 1000 Menschen in Phoenix beschäftigt.

Pornografie und Gewalt den ganzen Tag

Ihr Job besteht tagein und tagaus darin, zu entscheiden, ob auf den Facebook-Plattformen veröffentlichte Inhalte gegen die Nutzungsbestimmungen verstossen. Sie gucken sich also rassistische Beleidigungen, jegliche vorstellbare Art von Pornografie sowie Videos von Suiziden oder brutalen Gewalttaten an.

Dabei müssen sie ein fast kafkaeskes Regelwerk anwenden, das oftmals keine klare Lösung bereithält. Gleichzeitig wird auch ihre «Genauigkeit» gemessen. Werden zu viele vermeintlich falsche Moderationsentscheidungen getroffen, ist die Anstellung in Gefahr. Vorgesetzte wiederum gingen teilweise dazu über, sich zu bewaffnen, da sie fürchteten, dass gefeuerte Mitarbeiter Rache üben könnten.

Hohe Fluktuation

All das führt bei zahlreichen Mitarbeitern zu psychischen Problemen, die auch nach Ende des Jobs fortbestehen. Bei einigen wurde klinisch eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Kaum ein Mitarbeiter hielt es länger als ein Jahr bei Cognizanz aus. Das Unternehmen bietet zwar Psychologen an, diese sind aber kaum verfügbar. Die Angestellten griffen zu Stressbewältigung lieber auf Drogenkonsum und Sex im Unternehmensgebäude zurück.

Teilweise führt die ständige Konfrontation mit wirren Verschwörungstheorien auch dazu, dass die Moderatoren anfingen, sie selbst zu glauben. So glaubte ein Mitarbeiter plötzlich daran, dass die Erde flach sei und ein anderer zweifelte die Existenz des Holocausts an.

Knapp ein Zehntel des Facebook-Gehalts

In den Bericht von theverge.com wird klar, dass der Alltag der Moderatoren wenig mit dem vermeintlich glamourösen Arbeitsumfeld bei einem grossen Tech-Giganten gemein hat. Auch finanziell lohnt sich der Job kaum.

So verdienen die Moderatoren in Phoenix 28’000 Dollar im Jahr, ihr Stundenlohn von 15 Dollar liegt um vier Dollar über dem Mindestlohn in Arizona. Mitarbeiter bei Facebook direkt verdienen dagegen mit durchschnittlich 240’000 Dollar im Jahr fast das Zehnfache. Und die Arbeitsbedingungen sind sind bei Cognizanz viel restriktiver. Die Pausen sind etwa streng reguliert und werden in der Praxis zu grossen Teilen in der Schlange vor den wenigen Toiletten verbracht.

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