Schweizer*in beteiligt Hacker zapfen 150'000 Überwachungskameras weltweit an

dpa/dj

10.3.2021

Hundertausende Überwachungskameras wurden kompromittiert.
Hundertausende Überwachungskameras wurden kompromittiert.
Getty Images

Hacker*innen haben 150'000 Überwachungskameras bei Tesla, in Spitälern und Gefängnissen angezapft. Ein*e Schweizer*in war in führender Rolle dabei.

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10.3.2021

Hacker*innen haben laut einem Medienbericht 150'000 Überwachungskameras einer US-Firma unter anderem in Spitälern, Gefängnissen, Schulen und Polizeirevieren angezapft.

Betroffen waren auch Unternehmen wie der Elektroauto-Hersteller Tesla und die IT-Sicherheitsfirma Cloudflare, wie «Bloomberg» in der Nacht zum Mittwoch berichtete. So hätten die Hacker*innen Aufnahmen vom Tesla-Standort Shanghai vorgeführt. Das kalifornische Start-up Verkada, von dem die Kameras stammen, teilte «Bloomberg» in einer ersten Reaktion mit, man untersuche «das Ausmass des potenziellen Problems».

Grosskunden wurden kompromittiert

Es passiert zwar immer wieder, dass Bilder von günstigen Sicherheitskameras für den Haushalt abgegriffen werden – vor allem wenn die Nutzer nicht die voreingestellten Standard-Passwörter der Geräte ersetzen. Dass eine Firma mit grossen Kunden gehackt wurde, die speziell mit mehr Sicherheit durch Gesichtserkennung warb, ist dagegen aussergewöhnlich.

Das System kann laut Verkada zum Beispiel warnen, wenn eine bestimmte Person ins Blickfeld der Kameras gerät. Die Kunden könnten die Bilder bei Ermittlungen zu Zwischenfällen auch etwa nach der Farbe von Bekleidung oder Geschlechtsmerkmalen durchsuchen, erläutert Verkada auf der Firmen-Website. Die Bilderkennung könne zum Beispiel in Parkhäusern Autokennzeichen auslesen. In der Corona-Pandemie führte die Firma eine Funktion ein, die Alarm schlägt, wenn sich mehr Menschen als erlaubt an einem Ort versammeln.

Schweizer*in bei Hack dabei

Die Hacker*innen fanden nach eigenen Angaben Zugangsdaten für einen Administrator-Account mit weitreichendem Zugriff öffentlich erreichbar im Internet. Als «Super-Administrator» habe man eine Vielzahl von Kameras anzapfen können. Die Hacker*innen hätten den Zugang verloren, nachdem «Bloomberg» eine Anfrage beim Unternehmen zu dem Thema gestellt hatte.

Gegenüber «Bloomberg» bekannte sich Tillie Kottmann, ein*e Schweizer Software-Entwickler*in, Teil der Gruppe zu sein, die für die Aktion verantwortlich gewesen sei. «Neugierde, der Kampf für Informationsfreiheit und gegen Urheberrechte, eine Menge Anti-Kapitalismus und ein bisschen Anarchie» seien Kottmanns Gründe für den Hack gewesen.

Twitter sperrte am Mittwoch den Account von Kottmann – weil es auf der Plattform untersagt sei, durch Hacking erbeutetes Material zu verbreiten. Kottmann hatte in den vergangenen Jahren auch die Verantwortung für Hacks von Intel und Nissan übernommen.

Innenaufnahmen bei Tesla, Spitälern und Gefängnissen

Die Hacker*innen demonstrierten «Bloomberg» dem Bericht zufolge Aufnahmen aus einem Polizeirevier im US-Bundesstaat Massachusetts, einem Gefängnis in Alabama und einem Spital in Florida. In dem Gefängnis sei es ihnen gelungen, 330 Kameras anzuzapfen. Bei Tesla seien es 222 Kameras gewesen. Sie hätten sich auch Zugang zum Videoarchiv der Verkada-Kunden verschafft.

Cloudflare teilte «Bloomberg» mit, man habe die Kameras nach dem Hinweis auf den Hack abgeschaltet. Sie seien in einer Handvoll Büros installiert gewesen, die angesichts der Corona-Pandemie geschlossen gewesen seien.

Wohl 24'000 Opfer

Dem Magazin «Vice» stellten die Hacker*innen eine Liste von Verkada-Kunden zur Verfügung. Unter den 24'000 Einträgen fänden sich auch Bars, Geschäfte, Wohnhäuser, Kirchen, Flughäfen sowie Universitäten in den USA und Kanada, schrieb «Vice».

Videoüberwachung ist in den vergangenen Jahren generell immer mehr durch Software mit Bilderkennung ergänzt worden. Verkada wurde 2016 gegründet und holte sich laut Medienberichten zuletzt Geld bei Investoren zu einer Gesamtbewertung von 1,6 Milliarden Dollar.