Bei US-Politikern Zuckerberg agitierte gegen TikTok

dj

24.8.2020

Seine Kontakte zur US-Politik weiss Facebook-Chef Zuckerberg auszunutzen.
Seine Kontakte zur US-Politik weiss Facebook-Chef Zuckerberg auszunutzen.
Keystone

Hat Mark Zuckerberg US-Präsident Trump den Floh des TikTok-Verbots ins Ohr gesetzt? Bei Treffen mit US-Politikern letztes Jahr soll der Facebook-Chef jedenfalls kräftig gegen den Konkurrenten gewettert haben.

US-Präsident Donald Trump setzt gerade alles daran, TikTok zu verbieten oder zumindest einen Verkauf an ein US-Unternehmen zu erzwingen. Doch wie ist er eigentlich auf diese Idee gekommen? Das «Wall Street Journal» berichtet nun, dass Gespräche von Facebook-CEO Mark Zuckerberg im politischen Washington im vergangenen Herbst mit dazu beigetragen haben, dass TikTok auf der Agenda der US-Politik landete.

Damit werden offenbar von TikTok und der chinesischen Mutter ByteDance selbst artikulierte Vorwürfe gegen Facebook validiert. TikTok-CEO Kevin Mayer schrieb in einem Blog-Post, Facebooks «verleumderische Angriffe» hätten das Ziel, die Präsenz der App in den USA zu beenden. TikTok ist gegenwärtig der wohl schärfste Konkurrent von Facebook im Social-Media-Bereich, sein Verschwinden wäre zweifellos mindestens kurzfristig zu Facebooks Vorteil.



Öffentliche und private Kampagne

Im Oktober 2019 unternahm Zuckerberg einen viel beachteten Trip in die US-Hauptstadt. Öffentlicher Höhepunkt war eine Rede an der Georgetown University, bei der sich Zuckerberg zum Verteidiger der Meinungsfreiheit stilisierte. Die Rede begann direkt mit Geschichtsrevisionismus. So insinuierte Zuckerberg, dass er Facebook gegründet habe, damit sich Studierende über den Irakkrieg austauschen könnten. In Wahrheit entsprang Facebook natürlich einer Website, bei der Besucher die äusserliche Attraktivität von Harvard-Studentinnen anhand von gegen deren Willen ins Netz gestellter Bilder bewerten sollten.

Aber in eben jener Rede sprach Zuckerberg auch TikTok an und stellte es dem eigenen Produkt WhatsApp gegenüber. Während bei Letzterem Demokratieaktivisten sich frei austauschen könnten, würden sie bei TikTok der chinesischen Zensur unterliegen. Wolle man wirklich ein Internet nach chinesischem Vorbild, fragte Zuckerberg das Publikum rhetorisch.



Treffen mit Trump und Senatoren

Doch ohne Kameras und Publikum traf sich Zuckerberg auch noch mit zahlreichen US-Politikern, darunter auch mit Trump bei einem geheim gehaltenen Dinner, dass erst durch Presseberichte Monate später bekannt wurde. Ob bei jenem Dinner auch über TikTok gesprochen wurde, daran könne sich Zuckerberg «nicht erinnern», so Facebook-Sprecher Andy Stone zum «Wall Street Journal».

Laut «Wall Street Journal» habe Zuckerberg TikTok aber explizit bei seinen Treffen mit US-Senatoren besprochen, darunter der Demokratische Mehrheitsführer Chuck Schumer und die Republikaner Tom Cotton und Josh Hawley. Warum werde es TikTok erlaubt, in den USA tätig zu sein, wenn Facebook nicht in China operieren dürfe, soll Zuckerberg die Senatoren gefragt haben. Vor allem die treuen Trump-Anhänger Hawley und Cotton gehörten danach zu den ersten US-Politikern, die öffentlich Stimmung gegen TikTok machten.

Zuckerberg will das alles nicht gewollt haben

Nun brauchen viele US-Politiker wenig Anstiftung von aussen, um sich gegen China zu positionieren. Trotz zahlreicher Liebeserklärungen an seinen Gegenpart Xi Jinping, ist Anti-China-Agitation von Seiten Trumps natürlich seit seinem Amtsantritt fester Bestandteil des Portfolios, gerade in Wahlkampfzeiten. Auch ein Sprecher von Hawley sagte, der Senator habe schon vor seinem Treffen mit Zuckerberg Bedenken wegen TikTok gehabt.

Zuckerberg selbst lässt nun verlauten, dass er ein TikTok-Verbot ja gar nicht gewollt habe. Im Gespräch mit Mitarbeitern sagte er, dass dieses einen auf längere Sicht «sehr schlechten Präzedenzfall» setzen würde, so «Buzzfeed News». Wenn das Trumpsche Beispiel international Schule machen würde und es zu einer Balkanisierung des Internets kommen würde, wäre das in der Tat schlecht für Facebook.

Allem Anschein nach hat Zuckerberg das Gespenst China vor allem gerufen, um die US-Politik von stärkeren Massnahmen gegen sein Unternehmen abzuhalten. Passt auf, wenn ihr uns zu stark reguliert, regieren bald chinesische Apps die Welt, so offenbar Zuckerbergs Message, die auch bei Anhörungen vor dem Kongress letzten Monat durchklang. Dass die US-Politik sich aber gerne schnell verselbständigt, hätte Zuckerberg zumindest ahnen können.



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