Filmkritik Schmerzhafte Wahrheiten über die Foltermethoden der USA

Von Tobias Bühlmann

3.11.2019

Daniel Jones (Adam Driver) durchforstet mehrere Millionen Seiten, um den Skandal um die US-Foltermethoden ans Licht zu bringen.
Daniel Jones (Adam Driver) durchforstet mehrere Millionen Seiten, um den Skandal um die US-Foltermethoden ans Licht zu bringen.
Topic Studios

Das intelligente, politische Drama «The Report» um die «verbesserte Verhörtechnik» der USA ist eine unerwartete Perle. Vor allem Hauptdarsteller Adam Driver brilliert und festigt seinen Ruf des überaus wandelbaren Schauspielers. 

Vollgepumpt mit Adrenalin verlässt man den Kinosaal nach der Vorstellung von «The Report». Dabei ist der Film doch bloss eine Nacherzählung der Geschehnisse innerhalb der Central Intelligence Agency (CIA) nach dem 11. September 2001. Das Drama verzichtet völlig auf die gängige Hollywood-Formel und erlaubt dem Zuschauer, Zeuge zu sein bei einer Diskussion zwischen intelligenten Akteuren.

Den Grossteil des Films verbringt der Kinobesucher mit Daniel Jones (Adam Driver), einem Senatsmitarbeiter, der einen Bericht über mögliche Abnormalitäten bei der Verhörung von Terrorverdächtigen nach 9/11 verfassen soll. Er muss sich nicht nur mit Senatorin Dianne Feinstein (Annette Bening) herumschlagen, sondern auch mit Abermillionen Dokumenten. Jener sechsjährige Prozess sollte beweisen, dass es bei den Verhören massive Diskrepanzen und grausige Gewaltakte gab.

Das politische Drama fokussiert sich dabei auf den zu erledigenden Job von Jones. Man folgt ihm nicht mit nach Hause, sieht ihn nicht, wie er Freunde trifft. Das ist eine stilistische Entscheidung, die vielen Zuschauern widerstreben dürfte. Sein Charakter entwickelt sich durch die Entscheidungen am Arbeitsplatz. Dies entspricht auch der Wahrheit, denn: Während der sechs Jahre hatte der echte Daniel Jones auch kein wirkliches Privatleben.

Er ackerte sich durch mehr als 6,3 Millionen Seiten an klassifizierten Dokumenten, was in einem 6'700 seitigen Bericht gipfelte.

Regisseur und Autor Scott Z. Burns hat einen Film kreiert, der sich strikt und unzensiert anfühlt. Die Dialoge sind kompakt und zielgerichtet, fühlen sich aber nie erdrückend an – obwohl doch eine Wagenladung an Informationen in jeder Szene auf den Zuschauer einprasselt.

Ein solches Skript ist besonders schwierig für die Schauspieler: Viel politisches Fachsimpeln und lange Monologe verlangen der sprachlichen Fähigkeit eines Darstellers alles ab. Und dennoch: Adam Driver glänzt. Der grossgewachsene Ex-Marine, der sich sonst eher gemächlich artikuliert, haut seine Zeilen mit einer selbstsicheren Präzision und Geschwindigkeit raus, dass man ihm bei jedem Wort an den Lippen hängt.

Driver, der in den Komödien «BlackKklansman» und «The Dead Don't Die» schon herausragenden Humor und Timing bewiesen hat, zeigt in «The Report» eine Seite, die ebenso überzeugend ist. Sollte Adam Driver dieses hohe Niveau an schauspielerischen Facetten beibehalten können, dann könnte er in einigen Jahren zu den ganz grossen Mimen unserer Zeit zählen.

«The Report» läuft derzeit in unseren Kinos.

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