Geschichte«1944: Bomben auf Auschwitz?» - Arte-Film zu schwieriger Frage
dpa
21.1.2020
Wie wäre die Geschichte verlaufen, wenn die Alliierten 1944 das Vernichtungslager in Auschwitz bombardiert hätten? Wenn sie die Bahngleise zerstört hätten, auf denen Abertausende Juden deportiert wurden? Ein Film auf Arte sucht nach Antworten.
Es ist eine Frage, die immer wieder zum Gedenktag an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz aufkommt. Hätten die Alliierten Abertausende Juden vor dem Tod im Gas retten können, wenn sie das Vernichtungslager der Nationalsozialisten 1944 bombardiert hätten? Eine moralisch schwierige Entscheidung, denn die Bomben hätten nicht nur die ausgefeilte Tötungsmaschinerie zerstört. Sie hätten vermutlich auch viele Juden getötet, die zu dem Zeitpunkt dort gefangen waren. Kurz vor dem 75. Jahrestag der Befreiung des Lagers am 27. Januar setzt sich Arte mit dieser Frage auseinander. Der Dokumentarfilm «1944: Bomben auf Auschwitz?» läuft am Dienstag um 20.15 Uhr.
Die Auschwitz-Protokolle
Aufbauend auf einem Film des britischen TV-Senders BBC beginnt die ZDF-Produktion unter Regie von Mark Hayhurst mit dem Schicksal von Rudolf Vrba (1924-2006) und Alfred Wetzler (1918-1988). Zwei Jahre lang hatten die Freunde in Auschwitz gelitten, bis es ihnen im April 1944 zu fliehen gelang. In Freiheit wollten sie der Welt von dem Völkermord erzählen, den die Deutschen im besetzten Polen begingen. «Irgendwie fanden wir es nicht richtig, dass die Welt sich weitergedreht hatte, während es Auschwitz gab, dass die Leute gelacht und gescherzt, getrunken und sich geliebt hatten, während Millionen starben und wir um unser Leben kämpften», schrieb Vrba, der seine Erlebnisse in der Autobiografie «Ich kann nicht vergeben» festgehalten hat.
Der Film erzählt in nachgespielten Szenen, wie Vrba und Wetzlar in der Slowakei untertauchten und ihre Schreckenserlebnisse öffentlich machten. Auf verschlungenen Wegen gelangten die Auschwitz-Protokolle in die freie Welt, zum britischen Premierminister Winston Churchill ebenso wie zur US-Regierung unter Präsident Franklin D. Roosevelt, zum War Refugee Board der USA und zu jüdischen Organisationen.
Doch die Meinungen waren gespalten. Die einen wollten sofort bombardieren, zumindest die Bahngleise, auf denen Juden aus ganz Europa in Viehwaggons angekarrt wurden. Andere hatten moralische Bedenken, dadurch Tausende jüdische Häftlinge zu töten. Und manche zweifelten, ob die Schilderungen überhaupt der Wahrheit entsprachen.
Noch Jahrzehnte später bedauern viele, dass die Alliierten sich damals nicht zu einem Militärschlag durchringen konnten. Der Jüdische Weltkongress habe die Amerikaner gebeten, die Zufahrtswege zu bombardieren, sagte etwa 1999 der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. «Sie taten es nicht, obwohl es nicht mehr schlimmer kommen konnte.»
2001 verklagten Überlebende und Hinterbliebene von Holocaust-Opfern sogar die US-Regierung auf Schadenersatz in Milliardenhöhe, wegen passiver Mittäterschaft und Beihilfe zur Ermordung europäischer Juden. Der frühere israelische Ministerpräsident Ariel Scharon beklagte 2005: «Während all der Kriegsjahre ist nichts unternommen worden, um die Vernichtung zu stoppen», sagte er. «Sie wussten es und taten nichts.» Und 2008 bekannte US-Präsident George W. Bush: «Wir hätten bombardieren sollen», um das Töten zu beenden.
Versäumnis des Westens
«Die Vorgänge in Auschwitz hätten die allergrösste Empörung auslösen müssen. Es ist ein moralisches Versäumnis des Westens», meint auch der US-Historiker Michael Berenbaum im Film. «Wir sind uns im Klaren, dass die Nazis zwei Kriege führten – einen Rassenkrieg und einen Weltkrieg. Wir führten aber nur den einen: den Weltkrieg.» Rebecca Erbelding vom United States Holocaust Memorial Museum in Washington ist überzeugt: «Weil die Nazis den Krieg verloren, versuchten sie, den Rassenkrieg zu gewinnen.»
Doch was hätten Bomben gebracht? Darüber sind sich Historiker uneins, schliesslich waren die Alliierten im Frühsommer 1944 mit dem D-Day beschäftigt, um nach der Landung in der Normandie ganz Europa von den Nationalsozialisten zu befreien. Das Schicksal der überlebenden Juden in Europa habe davon entscheidend abgehangen, sagt Berenbaum. Zudem sei ein präzises Bombardement etwa nur der Gaskammern schwierig gewesen. «Alle Optionen waren irgendwie schlecht, weil schon ein geringer Fehlwurf viele Menschenleben kosten würde», erläutert die Historikerin Tami Davis Biddle.
Und doch – ein Bombardement wäre eine grundsätzliche Botschaft an die Nazis gewesen, dass so eine Barbarei nicht hinnehmbar sei, findet Biddle. Das glaubt auch Berenbaum: Das Problem der Massenvernichtung hätten die Bomben nicht gelöst. «Doch moralischer Protest angesichts von Völkermord ist weit besser als gar keine Reaktion.»
«1944: Bomben auf Auschwitz?» läuft am Dienstag, 21. Januar, um 20.15 Uhr auf ARTE. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.
Sendung ist älter als 7 Tage und nicht mehr verfügbar.
1944: Bomben auf Auschwitz?
Di 21.01. 20:15 - 21:50 ∙ Arte Deutsch ∙ GB 2019 ∙ 95 Min
Sendung ist älter als 7 Tage und nicht mehr verfügbar.
Allstar-«Tatort» bis Multichannel-Thriller: TV-Highlights 2020 in Sicht!
«Das Boot» sticht wieder in See: Die deutsche Sky-Serie, basierend auf dem Film von 1981, zeigt das ZDF nun als Free TV-Premiere an vier aufeinanderfolgenden Abenden. In dieser Szene beobachten der junge Kapitän (Rick Okon, links) und der 1. Offizier (August Wittgenstein) das Meer – und sich gegenseitig.
Bild: ZDF / Nik Konietzny
Am Tatort eines Mehrfachmordes beginnt für Rosa Wilder (Sarah Spale) die zweite Staffel der SRF-Erfolgsserie.
Bild: SRF/Pascal Mora
«Das Team» macht den «Tatort» zum Psycho-Kammerspiel, von links: Franz Mitschowski (Nicholas Ofczarek), Peter Faber (Jörg Hartmann), Martin Scholz (Bjarne Mädel), Martina Bönisch (Anna Schudt), Marcus Rettenbach (Ben Becker), Sascha Ziesing (Friedrich Mücke), Christoph Scholz (Charly Hübner), Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) und Nadine Möller (Elena Uhlig).
Bild: WDR/Tom Trambow
Noch vor ihrem ersten Tag erleben Charly (Anna Julia Antonucci, links) und Micki (Caroline Maria Frier) in «Schwester, Schwester» eine böse Überraschung: Dr. Friedrich Tümmler (Christian Tramitz) beschliesst, dass sie beide die Stationsleitung übernehmen.
Bild: TVNOW / UFA Fiction / Daniela Incoronato
Alle Augen auf das «Body-Positivity-Experiment»: Bei SAT.1 startet im Januar «No Body is perfect – Das Nacktexperiment».
Bild: SAT.1/Julian Essink
Die Qualitäten von Gereon Rath (Volker Bruch, im Bild mit Liv Lisa Fries) sind wieder gefragt: Die dritte Staffel der bildgewaltigen Historienserie «Babylon Berlin» (ab 24. Januar bei Sky) führt den Kommissar 1929 ins Berliner Filmbusiness. Dort soll er den rätselhaften Tod einer Schauspielerin aufklären.
Bild: Frédéric Batier/ARD/SKY
Der Superlativ wird gerne bemüht, aber wenn es im vergangenen Jahr eine «deutsche Seriensensation» gab, dann nur diese eine: «Bad Banks», eine packende Saga aus der abgehobenen Hochfinanzwelt, überraschte mit einer famosen Paula Beer in der Hauptrolle alle. Die neuen Folgen der zweiten Staffel werden im Februar ausgestrahlt.
Bild: ZDF / Sammy Hart
Was passiert mit Mutter Beimer (Marie-Luise Marjan)? Nach einem Brandschlag steht zum «Lindenstrasse»-Finale das Leben der Fernsehikone auf der Kippe.
Bild: WDR/Steven Mahner
Die hochdramatische Historienserie dürfte auf grosses Interesse stossen. Mit dabei (stehend, von links): Brigitte Hobmeier, Mišel Matičević, Mercedes Müller; sitzend (von links): Klaus Steinbacher, Martina Gedeck und Hannu Salonen (Regisseur).
Bild: BR/Zeitsprung Pictures GmbH/Dusan Martincek
ProSieben verfilmt Eric Stehfests Autobiografie «9 Tage wach» mit Jannik Schümann in der Hauptrolle.
Bild: ProSieben/Edel Germany/Jens Koch
Klaas Heufer-Umlauf übernimmt in der neuen ProSieben-Serie «Check Check» die Hauptrolle des Jan.
Bild: Joyn/ProSieben/Stephanie Kulbach
Erstmals in der Geschichte des deutschen Fernsehens wird mit «Der Feind – Recht oder Gerechtigkeit nach Ferdinand von Schirach» (AT) ein Projekt gleichzeitig im Ersten sowie in allen Dritten Programmen der ARD ausgestrahlt. Im Bild: Klaus Maria Brandauer (Rolle Konrad Biegler, vorne) und Bjarne Mädel (Rolle Peter Nadler).
Bild: ARD Degeto/Moovie / Stephan Rabold
«Der Überläufer» nach Siegfried Lenz erzählt von Krieg und Moral in Zeiten des Krieges, von links: Stefan Raiser, Malgorzata Mikolajczak, Florian Gallenberger und Jannis Niewöhner.
Bild: NDR/Dreamtool/Krzysztof Wiktor
40 druckfrische D-Mark für Jeden: Ulla Wolf (Elisa Schlott) und Jürgen Vielhaber (Ludwig Trepte) erhalten ihr «Kopfgeld». «Unsere wunderbaren Jahre» erzählt aus der deutschen Nachkriegszeit.
Bild: WDR/ / Stanislav Honzik
Im «Tatort: In der Familie» ermitteln die Teams aus München und Dortmund gemeinsam, von links: Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl), Nora Dalay (Aylin Tezel), Ivo Batic (Miroslav Nemec), Martina Boenisch (Anna Schudt), Jan Pawlak (Rick Okon), Peter Faber (Jörg Hartmann).
Bild: WDR/X Filme Creative Pool/Frank Dicks
Er tut es noch einmal: Thomas Gottschalk (mit seiner Partnerin Karina Mross bei der «Sportler des Jahres»-Gala im Dezember) wird im November 2020 noch einmal eine grosse «Wetten, dass ..?»-Ausgabe präsentieren. Ob es bei diesem einzigen Revival bleiben wird?
Bild: 2019 Getty Images/Alexander Hassenstein
Die neue «Pan Tau»-Serie ist abgedreht. Von links: Gabriele M. Walther (Produzentin), Dorothee Erpenstein (Geschäftsführerin FFF Bayern), Matt Edwards (Pan Tau), Franziska Meyer Price (Regisseurin), Prof. Carl Bergengruen (Geschäftsführer MFG), Gabriele Pfennigsdorf (Förderreferentin FFF Bayern).
Bild: obs/Caligari Film- und Fernsehproduktions GmbH
Nadia Brönimann: «Deswegen wird sie in der Trans-Community angefeindet»
Eine Netflix-Doku erzählt die Transformation-Geschichte des Zehnkampf-Olympiasiegers Bruce Jenner. Transfrau Nadia Brönimann hat sich «Untold: Caitlyn Jenner» angeschaut und erklärt, was sie von der öffentliche Inszenierung hält.
04.10.2021
Walz vs. Vance: So läuft das TV-Duell der Vizekandidaten ab
Tim Walz gegen J.D. Vance: Zum ersten und voraussichtlich einzigen Mal treffen am frühen Mittwochmorgen die US-Vizepräsidentschaftskandidaten in einem TV-Duell aufeinander. Das bietet beiden eine wichtige Gelegenheit, die Wählerinnen und Wähler von sich und den Präsidentschaftskandidaten zu überzeugen. Insbesondere in den umkämpften sogenannten Swing States.
02.10.2024
«Der heisst Salami!» - Peinliche TV-Panne bei «Tagesthemen»
Während «Tagesthemen»-Anchor Helge Fuhst über die aktuelle Politlage spricht, ist plötzlich aus dem Off eine Stimme zu hören. «Der heisst Salami», sagt diese zusammenhanglos. Die Panne amüsiert das Netz.
05.08.2024
Nadia Brönimann: «Deswegen wird sie in der Trans-Community angefeindet»
Walz vs. Vance: So läuft das TV-Duell der Vizekandidaten ab
«Der heisst Salami!» - Peinliche TV-Panne bei «Tagesthemen»