Leben als Kunstobjekt Der Schweizer, der seine Haut verkaufte

Von Fabian Tschamper

23.3.2021

Tim Steiner posiert im Museum Tinguely in Basel. Das Werk auf seinem Rücken kommt vom Belgier Wim Delvoye. Die Idee für den Film «The Man Who Sold His Skin» beruht auf Steiner.
Tim Steiner posiert im Museum Tinguely in Basel. Das Werk auf seinem Rücken kommt vom Belgier Wim Delvoye. Die Idee für den Film «The Man Who Sold His Skin» beruht auf Steiner.
Keystone

Vor 13 Jahren verkaufte Tim Steiner das Kunstwerk auf seinem Rücken für 240'000 Franken. Seit jeher wird er in Museen und an Messen ausgestellt. Nach seinem Ableben wird sein Rücken gehäutet und eingerahmt. Seine Geschichte wurde nun satirisch verfilmt.

Von Fabian Tschamper

23.3.2021

Der Käufer von Tims Rücken ist der Kunstsammler Rik Reinking aus Hamburg. Das Entgelt von 240'000 Franken teilen sich der Tätowierte und der Künstler, der Belgier Wim Delvoye. Der Käufer darf Steiner also als Kunstobjekt ausstellen, er darf Tims Rücken verkaufen – sogar vererben. Und nach Tims Tod wird das Kunstwerk auf seinem Rücken gehäutet und eingerahmt.

Über zwei Jahre lang wurde Tim Steiner damals tätowiert, jeden Tag drei bis fünf Stunden. Dabei wird der Zürcher auch ohnmächtig, der Schmerz ist höllisch. Steiner ist Teil eines Kunstwerks, das ihn überdauern wird. Er wird in den Museen der Welt ausgestellt. Sprechen will Tim schon lange nicht mehr darüber, seit mehreren Jahren lehnt er Interviews ab.

Diese Geschichte nahm sich der Film «The Man Who Sold His Skin» als Inspiration.

Die Figuren Sam Ali und Abeer sind ein Paar aus Raqqa am Euphrat. Sie haben sich die ewige Liebe versprochen, träumen von einem friedlichen Leben. Sam flüchtet aus Syrien, bevor er eingesperrt wird; Abeer wird zur Ehe mit einem Diplomaten gezwungen. Jener vertritt sein Land in Brüssel und nimmt Abeer mit.

Um ihr nachreisen zu können, bietet ihm ein Künstler an, aus ihm ein Werk zu machen und ihn so nach Brüssel zu bringen – statt als syrischer Flüchtling nach Europa zu kommen. Der Künstler, Jeffrey Godefroy, tätowiert ihm also das Schengen-Visum auf den Rücken und verändert Sams Körper so in ein Kunstobjekt. Ihm steht die Welt nun offen, diese Freiheit hat allerdings einen Preis – er ging einen Pakt mit dem Kunstteufel ein.

Die Satire schafft es gar an die Oscars 2021: Der Film wurde in der Kategorie «Bester internationaler Film» nominiert.

Tim Steiners Gesicht bekommen nur wenige zu sehen, wird er ausgestellt, so starrt er stundenlang aus einem Fenster oder an eine Wand.
Tim Steiners Gesicht bekommen nur wenige zu sehen, wird er ausgestellt, so starrt er stundenlang aus einem Fenster oder an eine Wand.
NYT