Neuer Kapitän «Traumschiff» mit Florian Silbereisen: Schlechteste Produktion 2019

Von TV-Experte Gion Mathias Cavelty

27.12.2019

TV-Experte Gion Mathias Cavelty hat sich die erste Folge des «Traumschiffs» mit Florian Silbereisen angeschaut – die aller-, allerschlechteste TV-Produktion des Jahres 2019.

«Kreuzfahrtschiffe krachen zusammen», las ich kurz vor Weihnachten eine Schlagzeile auf einem Online-Portal. Und weiter: «Zwei Schiffe sind am Freitagmorgen (Ortszeit) im Hafen von Cozumel miteinander kollidiert. Der Grund für die Kollision ist noch unklar ...»

Oha, dachte ich. Das war sicher Kapitän Florian Silbereisen! Denn der hat ja seit Neustem das Kommando über das «Traumschiff» inne. Und irgendwie hatte ich bei der ganzen Sache von Anfang an ein ungutes Gefühl. Ich kenne Silbereisen nur in bayerischen Lederhosen mit einem riesigen Akkordeon in Händen, auf irgendwelchen Musikantenstadl-Bühnen herumkaspernd. 

ABER: Ich wollte ihm eine faire Chance geben, und darum habe ich mir am 26. Dezember seine Premiere als Kapitän Maximilian Parger angeschaut («Das Traumschiff – Antigua»).

«Der fährt mit dem Schiff garantiert in den ersten Eisberg, den er sieht, und jodelt noch dazu», dachte ich mir, als ich ZDF einschaltete. Dann ging es los. Hier mein Protokoll:

1. Szene: Uschi Glas und Michael Gwisdek erblicken zum ersten Mal das im Hafen vertäute Traumschiff.

Uschi Glas: Schau mal, Heinz, da is' es!

Michael Gwisdek: Wer?

Uschi Glas: Das Traumschiff! Daaaa!

Michael Gwisdek: Ich würde jetzt lieber in meinem Garten sitzen und ein kühles Bier trinken.

Diese Szene ist bereits so schlecht, dass auch ich mir ein kühles Bier herbeisehne. Und zwar ein kühles Bier vom Volumen des Mittelmeers, in das man einfach springen könnte und aus dem man erst im nächsten Jahr wieder auftauchen müsste. Oder im übernächsten.

1. Minute: Florian Silbereisen schreitet an Bord des Traumschiffs, auf dem linken Unterarm ein mächtiges Tattoo, wie es sich für einen echten Seebären gehört. Ich kann nicht erkennen, was es darstellen soll ... hmm ... steht da tatsächlich «Thomas»? Als Reverenz an Thomas Seitel, der ihm seine Helene ausgespannt hat? Oder doch eher ... «Unterfranken»? (Bilden Sie sich in der obigen Bildstrecke selbst eine Meinung.) An welches Meer grenzt übrigens Bayern?

10. Minute: «Ruder fünf Grad Backbord!», befiehlt Kapitän Flori auf der Kommandobrücke, den Staff-Kapitän grob brüskierend; sein Blick ist fest, das «R» hart, die Stimme ultra-männlich, ultra-tief, ultra-autoritär. Respektive: Möchtegern-ultra-autoritär. Denn Silbereisen besitzt ungefähr die Autorität eines Chihuahuas.

42. Minute: «Tenderboot klarmachen!», brüllt Silbereisen mit einem gigantischen Feldstecher vor den Glotzern. Dramatische Action-Musik setzt ein. Flori rast diverse Schiffstreppen runter. «Los!», befiehlt er im Tenderboot angekommen. Sekunden später rettet er einem kleinen karibischen Jungen und dessen bewusstlosen Grossvater auf einem in Seenot geratenen Kutter eigenhändig das Leben. Hahahahahahahahahahaha!

60. Minute: Die Handlung ist bis jetzt so durch und durch läppisch (und rassistisch), dass man meint, man wohne einem Idiotenschwank bei (fröhlich vor sich hintrommelnde Insulaner, deutscher Opi will bei den sexy jungen Schwarzen bleiben, schwuler Familienvater will Freund heiraten, etc. etc.).

73. Minute: «Der Urologe sagt, ich hab' 'ne Bomben-Prostata», sagt Michael Gwisdek auf dem Jupiter-Deck zu Uschi Glas. Ein Satz, den man heute definitiv nicht mehr äussern kann, ohne sofort von einem Counter-Terrorism-Special-Operations-Team überwältigt zu werden. Aber kein Counter-Terrorism-Special-Operations-Team weit und breit.

79. Minute: Joko Winterscheidt, der in der Folge einen talentfreien Bauchredner spielt, tritt als Abendunterhaltung auf. Vom Publikum wird er gnadenlos ausgebuht wegen seiner miesen Gags («Meinst du alte Friseuse oder alte Fritteuse?»). Diese Wortspiele sind allerdings drei Milliarden Mal lustiger als die der Traumschiff-Drehbuchautoren, die gehen nämlich zum Beispiel so:

Schwuler Vater zu seinem Sohn: «Du grinst ja! Oder grunzt du?» (Sonnen-Deck, 74. Minute).

Dringender Appell an die Verantwortlichen: Lasst Joko Winterscheidt die nächste «Traumschiff»-Staffel schreiben!

81. Minute: «Manche Träume lebt man besser bloss einmal», sondert Silbereisen eine grosse Weisheit in Richtung Joko Winterscheidt ab. Ach, hätte er doch bloss auf sich selber gehört! Hat er aber leider nicht, denn die zweite Folge mit Käpt'n Flori kommt bereits am 1. Januar. Hoffentlich spielt darin der bereits eingangs erwähnte grosse Eisberg eine Hauptrolle – oder Greta Thunberg versenkt das Traumschiff aus Umweltschutzgründen mit einem Nukleartorpedo.

Frohes 2020 trotzdem!

So emotional war das Wiedersehen von Silbereisen und Fischer.

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