Rücktrittsforderungen Boris Johnson kämpft mit Revolte in Cummings-Affäre

dpa/AFP/uri

27.5.2020

Der britische Premier Boris Johnson kämpft derzeit nicht nur mit stark sinkenden Umfragewerten, sondern auch mit einem Aufstand in den eigenen Reihen: Immer mehr konservative Parlamentarier fordern den Rücktritt des in die Kritik geratenen Chefberaters Dominic Cummings.

Die Rufe nach einem Rücktritt des britischen Regierungsberaters Dominic Cummings werden immer lauter. Knapp 40 Parlamentarier der Konservativen Partei verlangen bereits, dass Cummings seinen Hut nimmt. Premierminister Boris Johnson habe Schwierigkeiten, die wachsende Revolte in den eigenen Reihen zu kontrollieren, berichtete die «Times» am Mittwoch. Aus Protest war bereits am Dienstag Staatssekretär Douglas Ross zurückgetreten.

In einer YouGov-Umfrage gaben 71 Prozent der Befragten in Grossbritannien an, dass sie Cummings Reise nach Durham im Nordosten Englands für einen Verstoss gegen die Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise halten. 20 Prozent waren anderer Meinung, 9 Prozent enthielten sich. In anderen Umfragen verloren die regierenden Konservativen deutlich an Zuspruch, während die Opposition zulegte.

Verhalten nicht bedauert

Am späten Mittwochnachmittag sollte Johnson vor dem sogenannten Liaison-Committee im Parlament zu Cummings Stellung nehmen. Es besteht aus den Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse des Parlaments und ist das einzige, gegenüber dem der Regierungschef Rechenschaft ablegen muss. Es ist Johnsons erster Auftritt als Premier dort.

Cummings hatte am Montag in einer einstündigen Pressekonferenz Vorwürfe, er habe mit einer Reise zu seinen Eltern die Ausgangsbeschränkungen ignoriert, strikt zurückgewiesen. Er bedaure sein Verhalten nicht und habe auch nie einen Rücktritt in Erwägung gezogen, so Cummings, der als hochintelligent und unberechenbar gilt.

Dominic Cummings bei seiner Pressekonferenz im Garten des Amtssitzes des Premierministers in 10 Downing Street. 
Dominic Cummings bei seiner Pressekonferenz im Garten des Amtssitzes des Premierministers in 10 Downing Street. 
Bild: Keystone

Der Chefberater hatte als Grund für seine Reise Ende März angegeben, dass er die Betreuung seines kleinen Sohnes sicherstellen wollte: Seine Frau sei an Covid-19 erkrankt gewesen und er selbst habe mit einer Ansteckung gerechnet. Auf Empörung stiess vor allem seine Aussage, dass er von Durham aus mit Frau und Sohn zu einem Schloss gefahren sei, um seine Sehkraft nach der Infektion zu testen. Der Vorfall war durch eine Anzeige ans Licht gekommen.

Johnsons Umfragewerte sind im Keller

Nach Ansicht von Kritikern schwächt Cummings das Vertrauen in die Regierung und in Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie. In einem Interview mit dem Fernsehsender ITV sagte Johnsons Schwester Rachel am Mittwoch, sie hätte sich an Cummings Stelle entschuldigt.

Im Zuge der Cummings-Affäre sind auch die Umfragewerte von Boris Johnson eingebrochen. Die Zustimmungsrate des konservativen Regierungschefs sackte innerhalb weniger Tage von 19 Prozent auf minus ein Prozent ab, wie die «Daily Mail» am Dienstag berichtete.

Der Vorsprung von Johnsons Tories gegenüber der oppositionellen Labour-Partei verringerte sich laut einer Umfrage des Instituts YouGov für die «Times» um neun Prozentpunkte. Demnach büsste die Regierungspartei vier Punkte ein und liegt nun bei 44 Prozent. Labour verbesserte sich um fünf Punkte auf 38 Prozent. Einen solchen Rückschlag in den Umfragen hatten die Tories zuletzt unter dem damaligen Parteichef David Cameron während des Wahlkampfs 2010 hinnehmen müssen.

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