Reaktionen auf Lulas Sieg Die Welt freut sich, Bolsonaro schweigt weiterhin

Von Monique Misteli

31.10.2022

Brasiliens Wahlsieger Lula: Comeback mit 77

Brasiliens Wahlsieger Lula: Comeback mit 77

Es ist ein spektakuläres Comeback: Im Alter von 77 Jahren ist der Linkspolitiker Luiz Inácio Lula da Silva erneut zum brasilianischen Präsidenten gewählt worden. Beobachter erwarten, dass der charismatische Politiker wieder für mehr soziale Gerech

31.10.2022

Luiz Inácio Lula da Silva gewinnt die Wahl und wird Brasilien ab 2023 zum dritten Mal als Präsident regieren. So reagiert die Welt auf seinen Sieg.

Von Monique Misteli

31.10.2022

Sieg für Lula: Kurz nachdem das Wahlergebnis bekannt wurde, machten die brasilianische Legislative und Justiz klar, dass sie das Ergebnis anerkennen würden – denn Jair Bolsonaro hatte mehrfach angedroht, eine Niederlage nicht zu akzeptieren.

Staatspräsidenten rund um die Welt gratulierten Luiz Inácio Lula da Silva zum Sieg. Einzig Bundespräsident Ignazio Cassis und der abgewählte Bolsonaro selbst haben sich bis zum Publikationszeitpunkt noch nicht geäussert.

«Faire Wahl», «Klima gewinnt» und ein «vereintes Lateinamerika»

Einer der ersten Gratulanten war US-Präsident Joe Biden, der Lula zu einem «freien, fairen und glaubwürdigen» Wahlsieg beglückwünschte.

Auch ausnahmslos jeder Präsident südamerikanischer Staaten hat Lula zum Sieg gratuliert. Der Tenor ist ähnlich. Mit dem 77-Jährigen erhoffe man sich einen weltoffenen Präsidenten, der Lateinamerika vereinen kann, sich für Freundschaft, Gleichheit und Menschlichkeit einsetze.

In den Morgenstunden vom Montag sind auch die ersten Gratulationen aus Europa eingetroffen. Aus der EU-Kommission, Grossbritannien, Spanien, Portugal, Deutschland und Frankreich tönt es ähnlich. Man freut sich, gemeinsam globale Herausforderungen wie die Klimakrise zu bewältigen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreibt auf Twitter: «Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen bei der Bewältigung globaler Herausforderungen, von Ernährungssicherheit über den Handel bis hin zum Klimawandel.»

Mit Lulas Sieg sei auch das Weltklima ein grosser Gewinner, lässt die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock vermelden. Und der deutsche Kanlzer Scholz freut sich über eine «enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit».

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron machte keinen Hehl daraus, dass sich die Beziehungen zu Brasilien während der Präsidentschaft von Bolsonaro deutlich abkühlten. Auf Twitter gratulierte er dem «lieben Lula» zur Wahl und zum neuen Kapitel, das er in Brasilien aufschlagen werde. «Wir werden unsere Kräfte bündeln, um die vielen gemeinsamen Herausforderungen zu meistern und die Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern neu zu beleben.»

Auch Kremlchef Wladimir Putin hat Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zum Sieg gratuliert. «Die Ergebnisse der Abstimmung haben Ihre hohe politische Autorität bestätigt», schrieb Putin nach Angaben des Kremls vom Montag. «Ich setze darauf, dass wir mit gemeinsamen Anstrengungen die weitere Entwicklung der konstruktiven russisch-brasilianischen Zusammenarbeit in alle Richtungen sichern.»

Russland sieht Brasilien einerseits im BRIC-Bündnis als Partner. Anderseits aber auch, weil sich das Land den westlichen Sanktionen wegen Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht angeschlossen hat.

Die internationale Presse ist weniger euphorisch

Während es hüben wie drüben Gratulationen gibt, sind die Reaktionen in der Internationalen Presse etwas verhaltener.

Das amerikanische «Wall Street Journal» etwa sieht im Sieg Lulas das Fehlverhalten von Bolsonaro:

«Er bot eine gute wirtschaftliche Agenda, aber es gelang ihm nicht, die Medien und die Elite zu überzeugen, die ihn als Gefahr für die Demokratie darstellten. Seine leichtfertige Rhetorik war nicht gerade hilfreich und machte ihn insbesondere bei Frauen unbeliebt.»

Trotz Bolsonaros Niederlage sei die Konservative nicht geschlagen worden. Denn seine Partei gewann in der ersten Wahlrunde vom 2. Oktober Sitze im Kongress. In grossen Bundesstaaten wie São Paulo gewannen Gouverneure der rechten Mitte. Dies könnte Lulas «schlimmsten Ambitionen» einen Riegel vorschieben, zumindest zu Beginn, schreibt die Zeitung.

Auch laut der spanischen Zeitung «El Pais» sei eine neue Ära angebrochen, mit schweren Aufgaben für Lula. Seine Aufgabe sei es, das stark zerrüttete Land wieder aufzubauen. Die scheidende Regierung des Ultrarechten Bolsonaro habe durch ihre ständige und gefährliche Polarisierung die Qualität der Demokratie verschlechtert.

Auch der britische «Guardian» sieht die Euphore des Wahlsieges als flüchtig: «Während viele Brasilianer mit einem Kater aufwachen werden, nachdem sie die Niederlage von Jair Bolsonaro gefeiert haben, wird der designierte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva schon bald mit seinen eigenen Kopfschmerzen zu kämpfen haben.»

Seine Herausforderungen würden immens sein: 33 Millionen Brasilianer leiden unter Hunger, 100 Millionen leben in Armut – so viele wie seit Jahren nicht mehr, schreibt der «Guardian». Zudem habe Bolsonaros Politik, insbesondere im Amazonasgebiet, dazu geführt, dass Brasilien zu einem internationalen Paria geworden sei.